Seit einiger Zeit gibt es bei der EVG eine Betriebsgruppe der Partei DIE LINKE. Die Genossinnen und Genossen treffen sich regelmäßig und diskutieren Mobilitätskonzepte oder die Auswirkungen politischer Entscheidungen. Wir haben mit einem der Koordinatoren, Florian Witte, über ihre Erfahrungen gesprochen.
BAG Betrieb & Gewerkschaft: Lieber Florian, du arbeitest bei der DB Cargo und bist EVG-Mitglied. Warum findest du es wichtig, gewerkschaftlich organisiert zu sein?
Florian Witte: Ich bin Arbeiter und somit war für mich direkt klar, dass wenn ich etwas gegen die Reichtumsverhältnisse unternehmen möchte, dann muss ich meine Leute unterstützen und mich in die Gewerkschaftsarbeit einbringen. Bei der Deutschen Bahn ist die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft eine Entscheidung, die sich jede und jeder irgendwann stellt – mit Ausnahme natürlich von sogenannten „Leitenden Angestellten“ oder Vorständen. Mitglied der EVG zu sein, zeigt klar auf, wo ich stehe und zu welcher Seite ich mich zugehörig fühle. Nach nun fast 20 Jahren Mitgliedschaft ist aus einer Entscheidung eine Selbstverständlichkeit und mittlerweile sogar eine Leidenschaft geworden.
Aber du bist auch LINKE-Mitglied und hast eine Vernetzung von anderen LINKEN Hauptamtlichen innerhalb der EVG aufgebaut. Was hat dich dazu motiviert?
Die LINKEN in der EVG sind sowohl Hauptamtliche als auch Ehrenamtliche. Es ist das Ergebnis aus einem früheren Netzwerk zwischen linken Eisenbahner:innen, die sich um die ehemalige Bundestagsabgeordnete und Verkehrsexpertin Sabine Leidig zusammen gefunden hatten. Nach mehreren Versuchen, eine BahnLINKS Gruppe zu gründen, die leider nicht besonders zielführend waren, haben wir unsere Vernetzung dann auf die EVG beschränkt. Aus dem Betriebsgruppenstamm wollen wir ein erweitertes linkes Eisenbahner:innennetzwerk entwickeln. Das ist auch für die Partei wichtig, um wieder mehr in den Betrieben verankert zu sein.
Damit seid ihr unsere erste LINKE Betriebsgruppe. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle zu diesem sensationellen Erfolg. Während viele andere bislang darüber diskutieren, habt ihr das einfach gemacht. Wieviele seid ihr und wie oft trefft ihr euch?
Dankeschön. Es ist natürlich nie einfach, etwas Neues aus dem Boden zu stampfen, aber hier waren Aktive ja bereits bekannt, wir mussten sie also „nur“ zusammenbringen. Im Moment sind wir etwa 25 Aktive aus allen Himmelsrichtungen und mit unterschiedlichen Erwerbsbiografien. Eisenbahn spielt da mal länger und mal kürzer eine Rolle. Unsere LINKE-Betriebsgruppe stellt eine Plattform dar, auf der sich Ehrenamtliche mit oder ohne Wahlmandat, aber auch Hauptamtliche, austauschen können, jenseits von alltäglichen Gremien oder individuellen Arbeitsverträgen. Wir schaffen es, uns alle drei bis vier Wochen in Online-Meetings zu vernetzen.
Worüber sprecht ihr, wenn ihr euch trefft?
Wir bewerten zum Beispiel den Koalitonsvertrag, die Mobilitätsstrategien oder auch die Konzernstrukturen mit dem Ziel, sowohl auf die Diskussionen in der Gewerkschaft als auch in der Partei Einfluss zu nehmen. Wir lassen Studien vorstellen, um das fundierte Wissen einem interessierten Kreis anzubieten. Die Themen sind jeweils unterschiedlich, aber zwei Blickwinkel stehen immer im Mittelpunkt. Zum einen die Verbesserungen für die abhängig Beschäftigten. Zum anderen die Ausrichtung der Verkehrspolitik am Gemeinwohl. Profitgetriebene Kapitalmaximierung lehnen wir ab.
Was würdest du anderen Genossinnen und Genossen raten, die sich ebenfalls etwas mehr Vernetzung von Mitgliedern der LINKEN in ihrem Betrieb wünschen?
Mein erster Rat: LINKE-Gewerkschafter sollten nicht nur zu ihrer Gewerkschaft, sondern auch zu ihrer Partei stehen. Man wird verortet und ist dadurch als Ansprechpartner präsent. Das macht es auch anderen leichter, für ihre Themen einzustehen und gemeinsam etwas zu bewegen. Sammelt Kontakte, sprecht Kolleginnen und Kollegen an und fragt, ob sie mit euch gemeinsam eine LINKE Vernetzung starten wollen. Haltet Euch nicht länger als nötig mit organisatorischen Fragen auf und vermeidet es, Strukturgedanken zur zerreden. Mein Tipp: Einfach loslegen und mit jedem gemeinsamen Schritt lernen.
Danke, Florian, für die Einblicke in eure Arbeit. Wir wünschen euch viel Erfolg für die weitere Arbeit.
Auch interessant:
Der GDL-Vorsitzende wirft der Partei DIE LINKE „pure Demagogie“ vor, weil diese sich für einen integrierten Bahn-Konzern in öffentlicher Hand ausspricht. Andreas Müller, Gewerkschaftssekretär bei der EVG, hat sich das genauer angeschaut. Er findet, Weselsky weist zurecht darauf hin, dass die Bahn ausgelaugt und dies keinesfalls das Verschulden der Beschäftigten ist. Der Rest allerdings sei starker Tobak. Dass DIE LINKE die Bahn in öffentlicher Hand fordere, hat nichts mit Demagogie zu tun – das ist die Voraussetzung für die Verkehrswende. Hier geht es zum Beitrag: „Kritik an Trennung von Netz und Schiene „Pure Demagogie“?
Der Streik der GDL und das Konkurrenzverhältnis mit der EVG bewegt auch in der Partei DIE LINKE die Gemüter. In den Diskussionen stehen sich zwei Erzählungen gegenüber: die der stets streikbereiten und kämpferischen GDL und die der zurückhaltenden EVG. Unsere Bundessprecherin Ulrike Eifler hat mit Andreas Müller gesprochen. Andreas ist Tarifsekretär bei der EVG. Er erklärt, warum der Konflikt zwischen den beiden Gewerkschaften ein Problem ist und warum sich die EVG mit ihren Abschlüssen nicht verstecken muss. Hier geht es zum Interview: Die Tarifabschlüsse bei der EVG sind überdurchschnittlich!