Strategie 2020: Perspektive abhängig Beschäftigter stärken
DIE LINKE verliert drastisch bei Arbeitern, Angestellten, Arbeitslosen und Rentnern – und das obwohl sie für sich in Anspruch nimmt, die Interessen genau dieser Gruppen zu vertreten. In der Strategiedebatte wollen wir auf diesen Grundwiderspruch hinweisen und stellen fünf Thesen zur Diskussion.
Die hohen Verluste bei den Wahlen 2019 – insbesondere in den ehemaligen ostdeutschen Hochburgen – haben zu Recht eine Strategiedebatte in unserer Partei ausgelöst. Statt personeller Fragen muss DIE LINKE klären, wo sie hinwill. Diese Aufgabe fällt in eine Zeit riesiger gesellschaftlicher Umbrüche: Klimawandel, Strukturveränderungen im Industriesektor, Digitalisierung, Dekarbonisierung, ein Anwachsen prekärer Arbeit, eine tiefe Krise des traditionellen Parteiensystems und nicht zuletzt der Aufstieg des Autoritarismus. Jeder einzelne dieser Umbrüche ist historisch, zusammengenommen aber bedeuten sie den Beginn einer Periode tiefer gesellschaftlicher Veränderungen. Die Verluste der LINKEN haben also nur bedingt etwas mit den Entscheidungen Einzelner zu tun, sie entbinden jedoch die politischen Gremien nicht von ihrer Verantwortung, strategische Antworten auf diese veränderten politischen Konstellationen zu suchen.
„DIE LINKE ist die Partei der sozialen Gerechtigkeit!“, heißt es in einem aktuellen Entwurf des Parteivorstandes für einen Sozialstaat der Zukunft. So richtig das angesichts unserer sozialpolitischen Positionen ist, so sehr wirft es doch auch Fragen auf. Denn DIE LINKE verliert drastisch bei Arbeitern, Angestellten, Arbeitslosen und Rentnern – und das obwohl sie für sich in Anspruch nimmt, die Interessen genau dieser Gruppen zu vertreten. Diese Verluste zeigen deutlich: DIE LINKE verliert ihre Verankerung in der Klasse, während die AfD gerade hier kräftige Zuwächse verbucht und in starkem Maße von Arbeiterinnen und Arbeitern und Arbeitslosen gewählt wird. Es sieht also danach aus, als würden uns die Menschen, deren Interessen wir im Parlament vertreten wollen, nicht mehr wählen. Als eine der größten Bundesarbeitsgemeinschaften wollen wir in der Strategiedebatte auf diesen Grundwiderspruch hinweisen und fünf Thesen zur Diskussion stellen (Thesenpapier siehe unten).
Die Verluste der LINKEN sind Ausdruck sich zuspitzender gesellschaftlicher Entwicklungen, die wir weit über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus in ganz Europa erleben. Anders als 2014 werden die europäischen Linksparteien nicht mehr vom Protest Tausender gegen die Austeritätspolitik getragen. Die Bewegungen sind weg und mit ihnen die Hoffnungen auf Veränderung. Enttäuschung und Ohnmacht haben die gesellschaftliche Gesamtlage zugunsten der extremen Rechten verändert. Dass linke Parteien angesichts derartiger massiver gesellschaftlicher Entwicklungen in die Krise geraten, ist zunächst nicht ungewöhnlich, denn sie müssen sich dazu verhalten. Entscheidend aber wird sein, ob sie diese Entwicklungen als sich zuspitzende Klassenauseinandersetzungen wahrnehmen und daraus die notwendigen Schlüsse für eine eigene Klassenverankerung ziehen. Die SPD hat das Milieu der abhängig Beschäftigten zerstört und heimatlos zurückgelassen. Die AfD schickt sich an, diesem Milieu eine politische Heimat entlang von engen nationalen und kulturellen Grenzen anzubieten. Die Klassenverankerung der Partei DIE LINKE ist kein intellektuelles Projekt. Es ist die einzige Möglichkeit, die AfD zurückzudrängen, der anhaltenden neoliberalen Offensive des Kapitals etwas entgegenzusetzen und den Kampf um eine Gesellschaft ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Klimazerstörung zu gewinnen.
Den ganzen Beitrag zur Strategiekonferenz findet ihr hier:
Artikel wurde am 5. Feb. 2025 gedruckt. Die aktuelle Version gibt es unter https://betriebundgewerkschaft.de/debatte/2020/01/strategiedebatte-2020-perspektive-abhaengig-beschaeftigter-staerken/.