Digitale Bundesdelegiertenkonferenz 2022
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Pandemie auch uns dazu zwang, die wichtigste Tagung unseres Zusammenschlusses – die alle zwei Jahre stattfindende Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) – in den digitalen Raum zu verlagern. Ursprünglich sollte die BDK am 20./21. November 2021 in Berlin stattfinden. Am Tagungsort selbst hätten wir Hygienekonzept samt Teststation garantieren können. Aber in Zeiten zunehmender Inzidenzen war vielen Delegierten eine Anreise nach Berlin nicht geheuer. Also haben wir uns schweren Herzens kurzfristig dazu entschlossen, die BDK abzusagen, online durchzuführen und auf zwei Tage aufzuteilen.
1. Tag: Zur Lage der Partei nach der Bundestagswahl (20.11.2021)
Am 20. November hat unsere Parteivorsitzende Janine Wissler mit den Mitgliedern der BAG Betrieb & Gewerkschaft über den Zustand der Partei nach der Bundestagswahl gesprochen. Gemeinsam diskutierten wir darüber, wie es für DIE LINKE weitergehen kann, welche Funktion sie in der Gesellschaft hat und welche Rolle und Verantwortung die BAG Betrieb & Gewerkschaft für die Zukunft unserer Partei hat. Die Diskussion über die Zukunft unserer Partei haben wir in dem Bewusstsein der historischen Situation vorgenommen, in der wir uns befinden: In sozialen, ökologischen, friedenspolitischen und demokratischen Entwicklungen steht die Gesellschaft vor irreversiblen Kipppunkten. DIE LINKE muss zum Pol der Hoffnung werden und zu der politischen Kraft, die den Unterschied macht und das Erreichen der Kipppunkte real verhindern kann. Zur Orientierung der Diskussion im November diente unser Paper zum Ausgang der Bundestagswahl 2021: 4,9 Prozent – war’s das für DIE LINKE?
2. Tag: Wahlen zum BSPR und für den Parteitag (19.03.2022)
Auf unserer BDK werden alle zwei Jahre auch regelmäßig die Mitglieder für den Bundessprecher*innen-Rat (BSPR) und die Delegierten der BAG Betrieb & Gewerkschaft für den Bundesparteitag gewählt. Um diese Wahlen abzusichern, haben wir diese zu einem späteren Termin durchgeführt, auch, um die Wahlgänge digital vorzubereiten. Dieser zweite Teil unserer BDK fand dann am 19. März 2022 statt. Neben den durchzuführenden Wahlen setze der Rechenschaftsbericht des BSPR ebenso inhaltliche Akzente wie auch der Bericht unserer Genossin Barbara Borchardt, die für die BAG Betrieb & Gewerkschaft in den Bundesausschuss unserer Partei entsendet ist.
Resolution: Für den Frieden in der Ukraine – gegen die Aufrüstung der Bundeswehr
Nachdenklich stimmte uns alle der Krieg in der Ukraine, die zunehmende Kriegseuphorie hierzulande und von Bundeskanzler Olaf Scholz Ende Februar angekündigte Zeitenwende. Als Linke lehnen wir Krieg als Mittel der Politik ab. Die BDK hat eine Resolution für den Frieden in der Ukraine und gegen die Aufrüstung der Bundeswehr beschlossen. Darin verurteilen wir den Angriff Russlands und fordern ein sofortiges Ende aller Kampfhandlungen sowie Verhandlungen für eine politische Lösung des Konflikts. Unsere Solidarität gilt insbesondere der vom Krieg betroffenen Zivilbevölkerung. Die Resolution findet ihr hier zur Ansicht oder als Download:
Anträge: Bedingungsloses Grundeinkommen und sozial-ökologische Transformation
In ihrem ersten Antrag ruft die BDK der BAG Betrieb & Gewerkschaft die Mitglieder der Partei DIE LINKE auf, beim anstehenden Mitgliederentscheid über das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) mit NEIN zu stimmen. Dass wir ein BGE für keine gute Idee halten, ist kein Geheimnis, wir haben dazu 2021 eine Broschüre mit der Sozialistischen Linken und der BAG Weg mit Hartz IV herausgebracht. Mit NEIN zu stimmen bedeutet nicht, sich gegen das BGE auszusprechen. Ein NEIN bedeutet vielmehr, dass die Forderung nach einem BGE nicht ins Parteiprogramm aufgenommen wird. Die Positionierung der Partei zu Hartz IV und prekärer Beschäftigung bliebe in diesem Falle die Forderung nach einer sanktionsfreien Mindestsicherung. Nur auf dieser Grundlage können BGE-Kritiker und BGE-Befürworter die Frage nach einem BGE auch weiterhin auf Augenhöhe miteinander diskutieren. Die Frage des BGE offen zu halten, stärkt deshalb die Partei. Den Antrag findet ihr hier zur Ansicht oder als Download:
In einem zweiten Antrag hat sich die BDK mit der sozial-ökologischen Transformation beschäftigt. Die sozialen und ökologischen Verwerfungen nehmen zu. Folgerichtig hat die Parteispitze darauf mit einem Papier zum Jahresauftakt reagiert. Wie begrüßen, dass die Vorsitzenden sich für eine linke Transformation aussprechen, die sozial UND klimagerecht ist. Unsere Antwort auf die drohende Klimakatastrophe ist eine sozial-ökologische Transformation, die den Klimaschutz in eine umfassende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft einbettet. Soziale und ökologische Kämpfe müssen zusammengeführt werden. Den Antrag findet ihr hier zur Ansicht oder als Download – der neu gewählte BSPR ist zudem damit beauftragt, diesen dem Gewerkschaftsrat, dem Parteivorstand und dem Bundesausschuss zur Beratung vorzulegen:
Einen weiteren Antrag der LAG Saarland „Mehr Unterstützung und Förderung des Ehrenamtes“ haben die Antragsstellerinnen nach einer kurzen Debatte zurückgezogen. Der neue BSPR wird sich mit den zuständigen Genossinnen und Genossen auf einen überarbeiteten Entwurf verständigen, damit die von ihnen beabsichtigte Aufwertung des Ehrenamtes in ihrem Antrag auch tatsächlich unmissverständlich zum Ausdruck kommt.
Wahl der Bundessprecherinnen und Bundessprecher
Die Delegierten haben via Digitalwahl beschlossen, folgende Genossinnen und Genossen für den neuen BSPR per Briefwahl abschließend zur Wahl zu stellen:
- Liste zur Sicherung der Mindestquotierung
- Ulrike Eifler, LAG Nordrhein-Westfalen
- Franziska Junker, LAG Niedersachsen
- Heidi Scharf, LAG Baden-Württemberg
- Jana Seppelt, LAG Berlin
- Gemische Liste
- Nils Böhlke, LAG Nordrhein-Westfalen
- Olaf Klenke, LAG Berlin
- Jan Richter, LAG Berlin
- Anton Salzbrunn, LAG Bayern
Wahl der Delegierten zum Bundesparteitag
Die Delegierten haben via Digitalwahl beschlossen, folgende Genossinnen und Genossen als Delegierte zum Bundesparteitag per Briefwahl abschließend zur Wahl zu stellen:
- Liste zur Sicherung der Mindestquotierung
- Barbara Borchardt, LAG Mecklenburg-Vorpommern
- Ulrike Eifler, LAG Nordrhein-Westfalen
- Ersatz-Delegierte: Heike Boldt (LAG Niedersachsen) und Rebecca Ruppert (LAG Rheinland-Pfalz)
- Gemische Liste
- Nils Böhlke, LAG Nordrhein-Westfalen
- Hermann Nehls, LAG Berlin
- Ersatz-Delegierte: Benjamin Appelt (LAG Saarland), Wolfgang Labudda (LAG Baden-Württemberg), Thomas Michaelis (LAG Sachsen) und Peter Pfeiffelmann (LAG Baden-Württemberg)
Der neue BSPR und die Delegierten für den Parteitag müssen über Briefwahl noch bestätigt werden. Die Auszählung hierzu findet am 11. April im Karl-Liebknecht-Haus unserer Partei statt. Wir wünschen den designierten Mitgliedern des neuen BSPR für die anstehende Arbeit ein glückliches Händchen, viel Erfolg, Geduld und vor allem Spaß bei der Tätigkeit.
Danksagung
Nach zwei Jahren Pandemie wissen wir, dass Videokonferenzen niemals an die die politische Willensbildung realer Treffen heranreichen können. Auch digitale Wahlen parallel in zusätzlichen Portalen sind mitunter unübersichtlich und können vom eigentlichen Geschehen ablenken. Auch ist der Umfang von knapp sieben Stunden durchaus eine Herausforderung. Umso dankbarer sind wir, dass die Delegierten auf unserer BDK am Samstag größtenteils eine ordentliche Portion Geduld und Zuversicht im Gepäck hatten und wir gemeinsam die Konferenz wuppen konnten.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir ohne die tatkräftige Hilfe von Nadia Zitouni aus dem KLH bei den digitalen Wahlgängen völlig aufgeschmissen gewesen wären. Nadia gilt nicht nur unser Dank für die Moderation der Wahlgänge auf der BDK selbst, sondern auch ihre Freundlichkeit im Vorfeld zur Vorbereitung. Unsere Nachfragen, Unwissenheit und Ungeduld hat sie uns immer wieder gekonnt pariert, uns freundlich Mut zugesprochen und uns so auch unsere Unsicherheiten bei diesem digitalen Tool genommen. Deshalb liebe Nadia: Danke, ganz großes Kino von deiner Seite!
Wir möchten uns abschließend aber auch bei unseren ehemaligen Bundessprecherinnen und Bundessprechern für die Zusammenarbeit in den vergangenen 2,5 Jahren bedanken. Die Zusammenarbeit im BSPR war so etwas wie eine Konstante in dieser Zeit – nicht nur im Hinblick auf die Pandemie, sondern auch auf die Verfasstheit unserer Partei insgesamt. Es war keine leichte Aufgabe, den Zusammenschluss in dieser Ausnahmesituation am Laufen zu halten. In unserer Partei sind die Debatte oft hart, missgünstig und gegeneinander gerichtet – so diskutieren wir im BSPR nicht. Das war immer ein Wert und daran haben alle ihren Anteil.
Artikel wurde am 22. Dez. 2024 gedruckt. Die aktuelle Version gibt es unter https://betriebundgewerkschaft.de/delegiertenkonferenzen/2022/03/digitale-bundesdelegiertenkonferenz-2022/.