Die Linke: eine organisierende Klassenpartei?

Warum bei Linke-Mitgliedern der Arbeitsplatz als Ort der politischen Auseinandersetzung ins Zentrum rücken soll und wie die Partei sie darauf vorbereitet, beschreibt Ines Schwerdtner in der Mai-Ausgabe unseres E-Papers.

Die Linke: eine organisierende Klassenpartei?
Foto: Ines Schwerdtner

Warum Gewerkschaften zentral für unsere Arbeit als sozialistische Partei sind

Von Ines Schwerdtner

»Ohne uns steht Berlin still«, sagt ein Busfahrer der BVG in Berlin an einem der Streiktage am Lichtenberger Betriebshof. Die Kolleginnen und Kollegen befinden sich im Streik und wir als Linke stehen an vielen Standorten mit Kaffee und Brötchen. Streiksolidarität ist ein wichtiger Bestandteil unserer politischen Arbeit, aber bei weitem nicht der einzige Moment, an dem Gewerkschaft und Partei zusammenkommen sollten.

Im Grunde sollte jedes Parteimitglied auch Gewerkschaftsmitglied sein.

Denn jede und jeder von uns sollte in dem Bereich, in dem sie oder er arbeitet, auch gewerkschaftlich mit den anderen Beschäftigten vernetzt sein. Der Arbeitsplatz ist der Ort, an dem arbeitende Menschen die meiste Zeit ihres Lebens verbringen. Egal wo sie arbeiten, ob im Büro, in der Fabrik oder im Krankenhaus: alle, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen, sind Teil dieser Klasse und damit unsere Leute.

In Gewerkschaften vertreten arbeitende Menschen ganz konkret ihre eigenen ökonomischen Interessen. Sie erstreiken sich höhere Löhne und mehr Rechte. Unsere Aufgabe als Partei ist es, diese ganzen materiellen Interessen zu bündeln und auf ein politisches Interesse zu heben. Unser Ziel ist es, das Machtgefälle zwischen Kapital und Arbeit zugunsten der Arbeit zu verbessern. Das kann bedeuten, die Tarifbindung zu stärken, für einen höheren Mindestlohn zu sorgen, den Sozialstaat auszuweiten oder das Streikrecht zu verbessern. Wir streiten für mehr Feiertage statt weniger. Dafür braucht es eine linke Partei.

Doch Wahlauswertungen zeigen in den letzten Jahren deutlich, dass diejenigen, die sich selbst als Arbeiterinnen und Arbeiter verstehen, sich immer mehr von der Linken abwenden. Das ist ein Skandal und für eine Partei der Arbeit nicht hinnehmbar.

In dem Leitantrag für unseren Chemnitzer Parteitag ist deshalb die Verankerung in Betrieben und eine Parteikultur, die es Menschen aus der Welt der Arbeit ermöglicht, sich aktiv bei uns einzubringen, ein wichtiger Pfeiler für die Arbeit der kommenden Jahre. Unser Selbstverständnis ist in dem Leitantrag, eine organisierende Klassenpartei zu sein. Gewerkschaften werden damit zum zentralen Bündnispartner. Peter Mertens von der Partei der Arbeit in Belgien sagte mir, es sei zehn Mal schwieriger arbeitende Menschen in Betrieben für eine sozialistische Partei zu organisieren. Aber der Aufwand ist es alle Mal wert. Es sollte selbstverständlich sein.

Leitantrag 3. Tagung 9. Parteitag: Die Linke
Beschluss des Parteivorstandes vom 9. März 2025
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Ines Schwerdtner ist Vorsitzende der Partei Die Linke.
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Der Beitrag stammt aus der diesjährigen Mai-Ausgabe unserer Zeitung WELT DER ARBEIT, die ihr hier findet: Heraus zum 1. Mai (Mai 2025)