Eine Bahn für Alle - statt Profite für Wenige
Die AG Betrieb & Gewerkschaft innerhalb der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG arbeitet seit ihrer Gründung fleißig an Positionen. Eines der ersten Ergebnisse ist ihr Positionspapier für eine integrierte Deutsche Bahn.
Für eine integrierte Deutsche Bahn
Gemeinwohlunternehmen Bahn
Die Eisenbahn ist das Herzstück eines gut ausgebauten und kostenfreien ÖPNV. Statt auf Zerschlagung von integrierten Eisenbahnunternehmen mit dem Ziel der Konkurrenz, setzen wir auf eine Stärkung der Gemeinwohlorientierung und eine Deutsche Bahn als Anstalt Öffentlichen Rechts.
Wir stehen für eine mittelfristige Finanzierung der Bahn durch einen Investitionsfond Schiene, der aus der Lkw-Maut und Haushaltsmitteln des Bundes gespeist wird. Ziel muss es sein, den Schienenpersonenverkehr bis 2030 im Vergleich zu 2019 zu verdoppeln und den Anteil des Schienengüterverkehrs am Modal Split bis 2030 auf 25 Prozent zu steigern.
Langfristig fordern wir einen kostenlosen Bus- und Bahnverkehr. Dazu muss im ersten Schritt das Deutschlandticket dauerhaft erhalten und günstiger werden. Auf dem Weg zu einem ticketfreien ÖPNV müssen Schüler:innen, Auszubildende, Student:innen, Geringverdienende und Bürgergeldempfänger:innen ein kostenloses Deutschlandticket erhalten. Eine Erweiterung des Deutschlandtickets auf eine begrenzte Anzahl von Fahrten im Fernverkehr muss mittelfristig erfolgen.
Die Bahnen als integrierte Unternehmen wollen, wir erhalten mit dem klaren Ziel, Mobilität für alle Menschen und umweltschonenden Güterverkehr auf der Schiene zu erreichen. Investitionen in den Schienenverkehr müssen als volkswirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Investitionen massiv gestärkt werden. Kooperation statt Wettbewerb – die Staatsbahnen zeigen mit ihrem paneuropäischen Fernzugnetz, wie so funktionieren kann: Gemeinwohl statt Profit und Privatisierung.
Gegen Liberalisierung
Busse und Bahnen in öffentliche Hand! Vergaben von Bus- und Bahnverkehren dürfen nur an tarifgebundene und mitbestimmte Unternehmen erfolgen. Mit einem Vergaberecht, welches in Zukunft noch stärker auf Ausschreibungen im Wettbewerb setzen soll, treibt die EU die Privatisierungen voran. Das muss gestoppt werden. Die Direktvergabe muss weiterhin möglich sein. Überall, wo der öffentliche Nahverkehr privatisiert wurde, setzen wir uns für die Rekommunalisierung ein. Kommunen brauchen hierfür einen Kommunalisierungsfonds. Auch für die Schiene muss gelten: öffentliches Eigentum muss Vorfahrt vor Privatisierung, Spekulation und Marktgläubigkeit bekommen. Dies gilt auch für den Güterverkehr: Gemeinsam mit Gewerkschaften und Beschäftigten wenden wir uns klar gegen eine Aufspaltung von Unternehmen für den Schienengüterverkehr - wie Fret SNCF und DB Cargo - und das entsprechende Prüfverfahren der EU-Kommission. Ein künstlicher Wettbewerb wird nicht zu den nötigen langfristigen Investitionen führen.
Neoliberale Wirtschaftspolitik ist weder ein Naturgesetz, noch ist sie alternativlos.
Verbinden statt zerschlagen: "United Railways of Europe"
Eine Bundesregierung mit Beteiligung der Partei Die Linke wird sich für die Gründung der "United Railways of Europe" einsetzen. Das heißt, für die Schaffung einer gemeinnützigen europäischen Bahn-Gesellschaft, die den grenzüberschreitenden Zugverkehr in Europa organisiert, mit koordinierten Fahrplänen, einer gemeinsamen Buchungsplattform und besseren grenzüberschreitenden Fahrgastrechten. Mit mehr Verbindungen quer durch Europa. Dafür fordern wir einen Europa-Takt, mit dem bis 2035 (nicht erst 2070) alle europäischen Großstädte im Stundentakt angefahren werden. Statt den Flugverkehr zu subventionieren, sollen die Preise für Bahnreisen in Europa gesenkt werden. So wird die Bahn eine echte Alternative zum Fliegen. Die United Railways of Europe können eine bessere Bahnpolitik einleiten: Für Kooperation und die Bedürfnisse von Fahrgästen und Beschäftigten statt Profiten und Wettbewerb.
Investitionsoffensive für die Schiene
Das Transeuropäische Netz (TEN) Schiene muss umgesetzt werden. Deutschland muss dafür seinen Anteil leisten und Strecken aus- bzw. neu bauen. Deutsche Abschnitte im europäischen Schienenverkehr dürfen nicht länger die Bremsen der Mobilität sein. Die weitere technische und rechtliche Harmonisierung des EU-Eisenbahnverkehrs ist Voraussetzung für einen Umstieg auf die Schiene in der EU: Die EU muss gewährleisten, dass das 740-Meter-Netz für den Güterverkehr tatsächlich bis 2030 europaweit ausgebaut und eine Erweiterung auf ein 1000-Meter-Netz geplant und umgesetzt wird. Die Digitale Automatische Kupplung (DAK) benötigt ein ausreichendes Innovations‐ und Umsetzungsbudget auf nationaler und europäischer Ebene. Das gilt für einen Rollout der DAK und weiterer Innovationsthemen für die Schiene.
Wir fordern eine Verdoppelung der Investitionen des Bundes in die Schienenwege.
Die Infrastrukturfinanzierung muss insgesamt die Schiene priorisieren: Bahn vor Straßen- und Luftverkehr. Wir wollen den Bahn-Ausbau in Europa auch aus den Mitteln finanzieren, die jetzt im TEN-T, dem europäischen Verkehrswegeplan, noch für die Förderung von Autobahnbau und neuen Flughäfen vorgesehen sind. Der Bahn-Ausbau darf sich nicht auf wenige Hochgeschwindigkeitsstrecken beschränken. Bahn für Alle heißt, dass Strecken reaktiviert werden müssen und die Bahn auch wieder in die Fläche kommt.
Der Ausbau der Produktionskapazitäten für E-Busse und Schienenfahrzeuge muss durch die Unterstützung der Transformation der Automobilindustrie gestärkt werden. Dann können Kapazitäten aufgebaut und gute Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden. Staatliche Investitionshilfen für die Konzerne müssen genutzt werden, um öffentliches Eigentum, Mitbestimmung und bessere Arbeitsbedingungen zu erlangen.
Arbeitszeitverkürzung und Ausbildungsoffensive: Arbeit neu verteilen
Gute Arbeitsbedingungen sind wichtig. Wir finden: Eine 4-Tage-Woche ist genug. Kurze Vollzeit für alle bei vollem Lohn- und notwendigem Personalausgleich macht diese gesellschaftlich wichtige Arbeit attraktiv. Wir schlagen dafür eine Verkürzung auf etwa 30 Stunden pro Woche (bzw. eine 4-Tage-Woche) vor: flexibel über die Berufsbiografie zu wählen. Wir wollen Modellprojekte dazu fördern. Arbeitszeitverkürzung darf nicht zur Verdichtung der Arbeit führen. Wichtige Schlüssel dazu sind eine breite Ausbildungsoffensive im Bereich der beruflichen Erstausbildung, flankiert von einer Ausbildungsumlage, und gute Tarifverträge.
Für mehr Mitbestimmung
Eine gemeinwohlorientierte Bahn braucht Mitbestimmung der Beschäftigten und der Zivilgesellschaft. Aktuell entscheiden hoch bezahlte Bahnmanager*innen und haben dabei Konzernbilanzen oder Prestigeprojekte im Blick. Die Ergebnisse sind: mieser Service, schlechte Arbeitsbedingungen und Milliardengräber wie Stuttgart 21 auf der einen und Millionen-Boni auf der anderen Seite.
Die Mitbestimmung für die Beschäftigten muss weiter ausgebaut werden. Funktionierende Mitbestimmung in den Betrieben und Unternehmen ist ein wichtiger Beitrag für die Demokratie. Die Rechte der Beschäftigten bei der Überarbeitung der Richtlinie über die Europäischen Betriebsräte müssen gestärkt werden. Auch im Bereich der Bahn müssen für alle Unternehmen die betriebliche und Unternehmensmitbestimmung ausgebaut werden.
Recht auf Kriegsdienstverweigerung am Arbeitsplatz
Wir wollen ein friedenstüchtiges Land. Daher darf kein Beschäftigter gezwungen werden, Rüstungs- und Militärgüter zu transportieren. Den Kriegsdienst mit der Waffe kann man aus Gewissensgründen verweigern. Eine Erweiterung dieser Regeln auf das Berufsleben ist folgerichtig. Dazu sind Regelungen auf Bundesebene einzuführen.
Jeder Euro, der für Rüstung ausgegeben wird, fehlt für Daseinsvorsorge, einschließlich Mobilität. Der Ausbau von Verkehrswegen muss daran ausgerichtet sein, Menschen und Güter von A nach B zu bringen, nicht Panzer.
Positionspapier als Download
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Artikel wurde am 5. Feb. 2025 gedruckt. Die aktuelle Version gibt es unter https://betriebundgewerkschaft.de/partei/2025/01/eine-bahn-fur-alle-statt-profite-fur-wenige-2/.