"Der Markt darf nicht den Aktionären überlassen werden."
Mirze ist Schlosser und Betriebsrat bei den Hüttenwerken in Duisburg und will für Die Linke in den Bundestag. Wir haben mit dem Gewerkschafter über Industriepolitik und Beschäftigung gesprochen. Wir freuen uns über seine Kandidatur und wünschen Mirze viel Erfolg.
BAG Betrieb & Gewerkschaft: Mirze, du bist Direktkandidat in Duisburg und bewirbst dich um einen vorderen Listenplatz. Was motiviert dich, für den Bundestag zu kandidieren?
Mirze Edis: Meine Motivation ist es, soziale Gerechtigkeit zu schaffen, Armut zu bekämpfen, bedrohte Arbeitsplätze zu retten, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und mich aktiv für Frieden einzusetzen. Duisburg ist meine Heimatstadt, aber sie gehört leider zu den Städten mit der höchsten Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen.
Aktuell sind hier etwa 10.000 Arbeitsplätze akut gefährdet. In einer solch schwierigen Situation darf der Staat die Kommunen nicht alleinlassen.
Deshalb fordere ich, dass der Bund die Altschulden der Kommunen übernimmt. Viele Städte – darunter auch Duisburg – sind ohne Hilfe nicht mehr in der Lage, sich aus dieser Schuldenfalle zu befreien. Ohne Entlastung drohen weiterer Sozialabbau, marode Schulen und eine veraltete Infrastruktur. Das darf nicht passieren!
Die Stahlindustrie steht massiv unter Druck. Wo siehst du die Ursachen für diese Entwicklung?
Die Ursachen sehe ich in Managementfehlern, verfehlten Investitionsentscheidungen ins Ausland und der Auszahlung von unnötigen Dividenden an Aktionäre, selbst in Zeiten, in denen das Geld fehlte. Gleichzeitig wurde zu wenig in die Modernisierung und Nachhaltigkeit der Anlagen investiert.
Wäre die Sicherung der Arbeitsplätze und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in der Industrie ein Bereich, an dem du im Bundestag schwerpunktmäßig arbeiten würdest?
Definitiv. Die Stahlindustrie, Chemie, Automobilindustrie und der Maschinenbau sind Schlüsselindustrien für Deutschland. Sie müssen hierzulande eine Zukunft haben – und zwar im Einklang mit dem nötigen Wandel hin zu einer nachhaltigen, grünen Produktion.
Wie genau würdest du das angehen?
Wir müssen langfristig denken und auch Landes- und Bundesbeteiligungen in strategisch wichtigen Industrien prüfen. Der Markt darf nicht den Aktionären überlassen werden, deren Fokus zu oft auf kurzfristigen Profiten liegt.
Der Staat muss hier Arbeitsplätze sichern, Innovationen fördern und den Umbau hin zu einer klimaneutralen Industrie zu begleiten.
Letzte, private Frage: Hast du ein Lieblingsbuch und wenn ja, worum geht es darin?
Ja, mein Lieblingsbuch ist "Schnee" von Orhan Pamuk. Es ist eine vielschichtige Geschichte, die sich mit den Konflikten zwischen Tradition und Moderne, Religion und Säkularismus in der heutigen Türkei auseinandersetzt. Der Roman spielt in der Grenzstadt Kars nahe Armenien – meiner Geburtsstadt. In dieser melancholischen und doch faszinierenden Kulisse entfaltet sich eine Liebesgeschichte, eingebettet in politische Unruhen und die Suche nach Identität.
Vielen Dank für das Interview, Mirze. Wir freuen uns über deine Kandidatur und wünschen dir viel Erfolg.
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Artikel wurde am 22. Dez. 2024 gedruckt. Die aktuelle Version gibt es unter https://betriebundgewerkschaft.de/politik/2024/12/der-markt-darf-nicht-den-aktionaren-uberlassen-werden/.