„Ich halte Die Linke für unverzichtbar.“

Uwe ist Bankkaufmann, hat Wirtschaftswissenschaften studiert und war u.a. im ver.di-Bundesvorstand im Bereich Finanzdienstleistungen tätig. Als Direktkandidat in Bottrop will er für Die Linke in den Bundestag. Uns hat er erzählt, was ihn antreibt und wie konsequente Sozialpolitik konkret aussieht.

„Ich halte Die Linke für unverzichtbar.“
Bild: Die Linke Bottrop

BAG Betrieb & Gewerkschaft: Uwe, du bist Direktkandidat in Dorsten, Bottrop und Gladbeck. Was motiviert dich, für den Bundestag zu kandidieren?

Uwe Foullong: Ich halte Die Linke in den Parlamenten und ganz speziell im Bundestag für unverzichtbar. Wir brauchen eine konsequent soziale Stimme in der Gesellschaft. Deshalb bin ich vor gut einem Jahr Mitglied geworden. Als mich jüngst die Genoss:innen in Bottrop, wo ich lebe, gefragt haben, ob ich als Direktkandidat für den Bundestag zur Verfügung stehen würde, habe ich gerne zugesagt, weil ich in dieser Funktion gemeinsam mit den Genoss:innen einen guten Beitrag leisten kann, die 5-Prozent-Hürde zu überspringen.

Du bist jahrzehntelang Gewerkschafter bei ver.di gewesen, warst auch mehrere Jahre Mitglied im Bundesvorstand. Was sind die gewerkschaftlichen Schwerpunkte, die du in den Wahlkampf einbringen willst?

Ich bin immer noch aktiv bei ver.di, jetzt ehrenamtlich z.B. als einer von drei Sprechern des "Düsseldorfer Bündnisses für eine gerechte Gesellschaft – sozial und ökologisch", dem neben ver.di weitere 19 Organisationen angehören. Meine gewerkschaftlichen Schwerpunkte passen außerordentlich gut zum Schwerpunkt des Wahlkampfes der Partei:

Wir wollen das Leben der Menschen spürbar verbessern. Dazu gehört, die Einkommen zu stärken, insbesondere durch eine Erhöhung des Mindestlohnes auf 15 Euro und eine Stärkung der Tarifbindung.

Dazu gehört auch die Umverteilung, genauer gesagt die Zurückverteilung des in wenigen Händen hoch konzentrierten Reichtums durch ein gerechtes Steuerkonzept. Hierzu gehört insbesondere eine angemessene Vermögens- und Erbschaftssteuer für Multimillionäre und Milliardäre sowie höhere Steuerbeiträge für Topverdienende. Die unteren und mittleren Einkommen dagegen sollten steuerlich entlastet werden. Damit kann den Wohlstandsverlusten von vielen Menschen begegnet werden.

Was wir weiter dringend benötigen, ist eine Stärkung und eine Sicherung der Mitbestimmung. Es ist z.B. nicht hinnehmbar, wenn Arbeitgeber durch konstruierte Abmahnungen und Kündigungen von Kandidat*innen Betriebsratswahlen behindern. Da es um die wirtschaftliche Existenz von Beschäftigten geht, die sich für Belegschaften einsetzen wollen, müssen Staatsanwaltschaften verpflichtet werden, zu ermitteln, wenn sie Hinweise auf Behinderungen der Betriebsratswahl erhalten. Wir müssen grundsätzlich mit Gesetzesinitiativen im Bundestag eine gute Mitbestimmungskultur in den Betrieben unterstützen.

Du giltst bei ver.di als Finanzexperte. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise. Was wären deiner Meinung nach die wichtigsten finanzpolitischen Maßnahmen, die durchgesetzt werden müssten?

Der gewaltige Investitionsstau bei der Infrastruktur sowie im Erziehungs-, Bildungs- und Gesundheitswesen, der das Leben der Menschen unnötig belastet, muss durch eine Abschaffung, zumindest Reform der Schuldenbremse aufgelöst werden. Wir brauchen ein gewaltiges Investitionsprogramm, um die Wirtschaftskrise zu überwinden und die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft sozialverträglich zu gestalten. Die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen sind aber stark unterfinanziert. Die Einnahmen reichen bei weitem nicht, die vielen infrastrukturellen und sozialen Probleme bzw. Missstände ernsthaft anzupacken. Deshalb muss die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte deutlich gestärkt werden. Durch mehr Kreditaufnahmen und auch durch höhere Steuerbeiträge von Multimillionären, Milliardären und Topverdienende.

Wir brauchen ein neues Verständnis von Finanzpolitik. Steuerbeiträge sind keine Lasten, sondern ein Beitrag zum Allgemeinwohl.

Das bedeutet z.B. bei notwendigen Subventionen für private Unternehmen, um Beschäftigung zu sichern, dass diese Steuergelder sukzessive wieder an die Allgemeinheit zurückgezahlt werden sollten, wenn wieder Gewinne erwirtschaftet werden. Die Übernahme von Verlusten durch die Allgemeinheit und späteren Privatisierung von Gewinnen schaden dem Allgemeinwohl und müssen ausgeschlossen werden. Eine Schädigung des Allgemeinwohls ist auch Steuerraub. Wenn durch kriminelle Machenschaften wie bei den CumCum- bzw. CumEx-Aktiengeschäften insgesamt 38 Milliarden Euro Steuergelder geraubt wurden, dann ist der Aufbau einer Finanzpolizei, die Einstellung von mehr Betriebsprüfer:innen und die Stärkung von Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften dringend erforderlich, um Betrüger zu verfolgen und das Geld zurück zu holen.

Was müsste Die Linke machen, um hier mehr Druck zu entfalten?

Die Linke kann im Bundestag Aufklärungsarbeit öffentlichkeitswirksam leisten und insbesondere die Regierungsparteien unter Druck setzen, nicht nur zu reden, sondern auch wirksam zu handeln. Dabei ist es auch wichtig, mit außerparlamentarischen Organisationen, die dieselben Ziele verfolgen wie z.B. attac oder die Bürgerbewegung Finanzwende zusammen zu arbeiten. Um eine möglichst große Wirkung im Interesse der Bürger:innen zu entfalten, ist der Einzug der Linken in den Bundestag so wichtig.

Du bist erfahrener Gewerkschafter. Brauchen wir mehr Gewerkschafter im Parlament, damit die Welt der Arbeit wieder stärker in den Fokus rückt?

Es ist ja nicht nur die Welt der Arbeit, die im Bundestag unterrepräsentiert ist. Es geht insgesamt um die Haltung, das Allgemeinwohl primär zu stärken. Wenn man jedoch sieht, wie viel Abgeordnete für Lobbyarbeit bestimmter Unternehmen oder Branchen empfänglich sind, also spezielle wirtschaftliche Interessen im Parlament zur Geltung bringen, dann brauchen wir ganz sicher mehr Gewerkschafter:innen, da sie das Allgemeinwohl zur Richtschnur ihres Handelns machen. Und wir brauchen mehr Transparenz und Begrenzung der Lobbyarbeit von Wirtschaftsverbänden.

Letzte, private Frage: Hast du ein Lieblingsbuch und wenn ja, Worum geht es darin?

Ein dezidiertes Lieblingsbuch kann ich nicht hervorheben. Ich lese gerne, derzeit "Fehldiagnose" von dem Ökonomen Tom Krebs. Darin beschreibt er die aktuelle Wirtschaftspolitik der letzten Jahre und zeigt auf, wie die Bundesregierung mit der
Umsetzung von Ratschlägen marktliberaler Ökonomen Wirtschaft und Gesellschaft in die derzeitige Krise geführt haben.

Vielen Dank für das Gespräch, lieber Uwe.