„Mich motiviert der Wunsch, den industriellen Wandel fair zu gestalten.“

Patrick ist Härter, hat Automatisierungstechnik studiert und arbeitet in der Autoindustrie. Dort erlebt er die Transformation der Branche hautnah. Als Direktkandidat in Zwickau will er für Die Linke in den Bundestag. Uns hat er erzählt, was ihn antreibt und wie er sich Industriepolitik vorstellt.

„Mich motiviert der Wunsch, den industriellen Wandel fair zu gestalten.“
Foto: Frank Grätz

BAG Betrieb & Gewerkschaft: Patrick, du bist unser Direktkandidat in Zwickau für die kommende Bundestagswahl. Was motiviert dich, für den Bundestag zu kandidieren?

Patrick Leonhardt: Mit meiner 14-jährigen Erfahrung als Industriearbeiter bei GKN Gelenkwelle in Zwickau, meinem Studium der Automatisierungstechnik und meiner Tätigkeit im Innovationsteam kenne ich die Herausforderungen und Chancen, die der industrielle Wandel mit sich bringt. Was mich motiviert, ist der Wunsch, diesen Wandel fair zu gestalten: für sichere Jobs, gerechte Löhne und eine Industrie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Zwickau verdient eine starke Stimme, die soziale Sicherheit und Klimagerechtigkeit vereint, damit niemand zurückgelassen wird. Ich kandidiere für den Bundestag, um echte Perspektiven für unsere Region und ihre Menschen zu schaffen – sozial, gerecht, erneuerbar.

Du arbeitest bei GKN, einem Zulieferer der Automobilindustrie, der von Zwickau nach Ungarn verlagert werden soll. Was wäre nötig gewesen, um den Standort und die Arbeitsplätze in deinem Betrieb zu erhalten?

Um den Standort von GKN in Zwickau und die Arbeitsplätze zu erhalten, wäre es entscheidend gewesen, die Vorschläge der Mitarbeiter anzunehmen und umzusetzen, um Kernkompetenzen zu erweitern und auszubauen – ein Prozess, der leider ignoriert wurde. Statt auf den Wandel einzugehen, zeigte sich das Management unwillig, notwendige Veränderungen aktiv zu gestalten, obwohl der Standort Zwickau durchgehend hervorragende Zahlen geschrieben hat und für seine hohe Produktivität sowie Qualität bekannt war. Gleichzeitig hätten stärkere politische Rahmenbedingungen, die eine Verlagerung ins Ausland unattraktiv machen, und eine gezielte Unterstützung für industrielle Innovation sowie die Transformation hin zu nachhaltigen Produktionsweisen eine entscheidende Rolle gespielt.

Wurden hier nicht aber ordentlich Investitionen getätigt, auch über Strukturfördermittel?

Ja, aber jedoch wurde an falschen Stellen Geld gespart, was Produktivität und Effizienz beeinträchtigt hat. Ein strukturierter Plan zur Stärkung der regionalen Industrie, zur Förderung erneuerbarer Technologien und für faire Löhne sowie Respekt für die Arbeit der Beschäftigten hätte Priorität haben müssen – nicht kurzfristige Boni für das Management. Ein weiterer Nachteil war, dass das Grundstück in Zwickau im Eigentum von GKN steht, während andere Standorte langfristig gepachtet sind. Offensichtlich spielte dabei eine langfristige Strategie eine Rolle: Das Grundstück in Ungarn war bereits seit 12 Jahren Teil der Planung.

Politische Rahmenbedingungen und eine EU-Förderung von 43,76 Millionen Euro für den Standort in Ungarn haben die Entscheidung zusätzlich beeinflusst, wobei diese Förderung inzwischen als ungültig eingestuft wurde – ein Erfolg, der auch dem Einsatz von Clara Bünger zu verdanken ist. Die Kombination aus mangelndem politischem Willen, fehlender Flexibilität im Management und falschen Prioritäten hat letztlich zur Schließung des Standorts geführt – trotz seines Potenzials und seiner herausragenden Leistung. Um solche Entwicklungen in Zukunft zu verhindern, braucht es stärkere Regulierung gegen reine Profitgier, eine konsequente Förderung regionaler Standorte, mehr Dialog zwischen Management und Mitarbeitern sowie einen stärkeren politischen Einsatz für die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Wäre eine Industriestrategie, die unsere Arbeitsplätze sichert und die Produktion sowie deren Produkte gleichzeitig umweltfreundlicher und nachhaltiger gestaltet, ein Thema, an dem du im Bundestag arbeiten möchtest?

Auf jeden Fall! Eine Industriestrategie, die Industriearbeitsplätze sichert und gleichzeitig umweltfreundlicher und nachhaltiger gestaltet, ist nicht nur dringend notwendig, sondern auch eine große Chance. Die Transformation unserer Industrie hin zu einer grünen und sozial gerechten Produktion könnte die Renaissance des 21. Jahrhunderts werden – sie benötigt jedoch eine klare Initialzündung und muss als Weg in eine zukunftsfähige Entwicklung richtig erkannt werden.

Das Thema Industrie 4.0 und grüne Industrie liegt mir besonders am Herzen, weswegen ich auch Automatisierungstechnik studiert habe. Diese technologischen Ansätze eröffnen enorme Möglichkeiten, um industrielle Prozesse effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten. Gleichzeitig darf der soziale Aspekt nicht außer Acht gelassen werden: Es geht darum, gute Arbeitsplätze zu sichern, faire Löhne zu garantieren und den Wandel für die Beschäftigten gerecht zu gestalten. All das macht dieses Thema zu einem Herzensprojekt, an dem ich im Bundestag mit voller Überzeugung arbeiten möchte.

Wie genau würdest du das angehen?

Die Transformation der Industrie hin zu einer sozial gerechten Zukunft braucht eine klare Vision und eine Zielsetzung. Wir müssen Digitalisierung und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellen und dabei Flexibilität, Kooperation und gezielte Investitionen fördern. Es geht darum, die notwendige Infrastruktur aufzubauen, Unternehmen und Beschäftigte durch Kulturwandel und offene Kommunikation mitzunehmen und einen echten Dialog zu schaffen, der die Ängste und Wünsche aller Beteiligten ernst nimmt.

Transformation ist keine rein technologische Bewegung, sondern ein umfassender gesellschaftlicher Wandel, der eine neue Metaneuer braucht. Eine grundlegende Erneuerung, die sich positiv auf das Leben der Menschen und ihre Arbeit auswirkt. Diese Metaneuer muss spürbar machen, dass der Wandel nicht nur notwendig, sondern auch eine Chance ist, um faire Arbeitsbedingungen, soziale Sicherheit und ökologische Verantwortung zu vereinen.

Besonders wichtig ist mir dabei die enge Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften. Sie verfügen über tiefgreifenden Einblick und ein hervorragendes Verständnis der Herausforderungen und Bedürfnisse in den Betrieben. Mit ihrer Erfahrung und ihrer Nähe zu den Beschäftigten können Gewerkschaften eine zentrale Rolle dabei spielen, den Wandel sozial gerecht zu gestalten und die Interessen der Beschäftigten zu vertreten.

Wofür würdest du dich gern im Bundestag einsetzen?

Konkret dafür, dass Unternehmen durch gezielte öffentliche Investitionen unterstützt werden, um ihre Produktionsprozesse umweltfreundlicher zu gestalten. Gleichzeitig ist es essentiell, einen sozialen Schutzschirm für Beschäftigte aufzubauen, um den Wandel gerecht zu gestalten. Dazu gehört auch die Schaffung von Weiterbildungsprogrammen und einer Industriepolitik, die regionale Standorte stärkt und Innovation fördert. Nur durch ein Zusammenspiel aus ökologischen, sozialen und technologischen Maßnahmen kann die Transformation zu einer echten Erfolgsgeschichte werden.

Zum Schluss noch eine private Frage: Hast du ein Lieblingsbuch und wenn ja, worum geht es darin?

Das fällt mir echt schwer, auch, weil ich überwiegend Fachliteratur lese. Ich entscheide mich für die Fantasy-Buchreihe "Das Geheimnis von Askir" und die darauffolgende Reihe "Die Götterkriege". Wie in vielen Fantasy-Geschichten dreht sich die Handlung um den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Schatten. Besonders beeindruckt hat mich der innere Konflikt eines Hauptcharakters Havald, der nicht nur gegen äußere Feinde kämpft, sondern sich auch seinen eigenen Dämonen stellen muss. Die Mythologie dieser Welt ist ungemein fesselnd, und die Geschichte entfaltet sich über 15 Bände hinweg mit politischen Intrigen, tiefgreifenden Charakterentwicklungen und einer emotionalen Bandbreite, die von Hass und Trauer bis hin zu Liebe reicht. Diese Mischung aus epischen Kämpfen, vielschichtigen Figuren und einer komplexen Welt macht die Reihe für mich so besonders.

Sehr cool, Fantasy hat hier noch nie jemand geantwortet.

Ich schätze Fantasy, weil es eine wunderbare Möglichkeit bietet, in eine andere Welt einzutauchen und den Alltag für eine Weile hinter sich zu lassen. Und das Beste: Am Ende gewinnt immer das Gute, ein schöner Gedanke.

Vielen Dank für das Interview, Patrick. Wir freuen uns über deine Kandidatur und wünschen Dir viel Erfolg.