Transformation der Arbeitswelt: Ändert sich jetzt alles!?

Transformation der Arbeitswelt: Ändert sich jetzt alles!?

Von Ulrike Eifler

Der Begriff Transformation ist in aller Munde. Er beschreibt eine umfassende Veränderung der Arbeitswelt, die für die meisten schwer greifbar ist, die aber gleichzeitig viele schon jetzt erleben. Treibende Faktoren sind Energiewende, Digitalisierung und Globalisierung. Unter der Vorgabe, nachhaltiger und digitaler zu produzieren, geraten Branchen und Arbeitsplätze zunehmend unter Druck.

Branchenkrisen und Strukturveränderungen sind im Kapitalismus nichts Ungewöhnliches. Denn kapitalistische Produktion fragt nicht danach, was gesellschaftlich sinnvoll und nützlich ist, sondern unterliegt einem harten Konkurrenzprinzip. Gesellschaftliche Bedarfe werden ausgeblendet, stattdessen wird wild in den Markt hineinproduziert und das so kostengünstig wie möglich. Die Folge sind Überproduktion, Rationalisierung, Flexibilisierung, Automatisierung oder Produktionsverlagerung. Konkrete Beispiele für einschneidenden Veränderungen in der Geschichte der Bundesrepublik sind die Stahlkrise, die Kohlekrise, die Werftenkrise, die Textilkrise oder auch die Medienkrise.

Diese Entwicklungen können für die einen dynamisch, für die anderen zerstörerisch sein. Während sie einerseits mit einem deutlichen Arbeitsplatzverlust einhergehen, können sie andererseits Produktionsprozesse beispielsweise durch den Einsatz digitaler Technik beflügeln. Das Neue an der aktuellen Situation: mehrere gesellschaftliche Umbrüche vollziehen sich gleichzeitig und sind nicht mehr nur auf eine Branche beschränkt. Wir erleben einen Strukturwandel, der sich nicht nur im Bereich der Industrie vollzieht, sondern weit in die Dienstleistungsbranche hineinreicht. Die aktuellen Entwicklungen unterscheiden sich also von früheren Strukturkrisen durch ihre Komplexität und Branchenvielfalt.

Für die Kolleginnen und Kollegen bedeuten diese Prozesse Veränderungen, die mit Ängsten vor Arbeitsplatzverlust, Berufswechsel und Entqualifizierung einhergehen. Unter den Bedingungen eines Sozialstaates, der nach der Einführung von Hartz IV vor allem fordert, statt fördert, sorgen diese Veränderungen zusätzlich für einen starke Verunsicherung. Selbst in bislang sicheren Branchen wie der Automobilindustrie löst sich das Gefühl der Arbeitsplatzsicherheit zunehmend auf.

Corona beschleunigt diesen Prozess. Der aktuelle Kahlschlag in der Zulieferindustrie, zu beobachten bei Conti, Mahle, ABB, Norma Germany, Schaeffler, ZF, Schuler, Eisenmann, Brose, Siemens, Voith, IFA, Veritas, Fiona, Flabeg, Schlemmer oder Bosch macht das soziale Ausmaß dieses Prozesses deutlich. Gleichzeitig werden die Auswirkungen betrieblicher Umstrukturierungen nicht auf den betroffenen Betrieb und seine Beschäftigten beschränkt bleiben, sondern kommunal und regional spürbar werden.

Wir wollen diese Entwicklungen sichtbar machen und danach fragen, wie die Beschäftigten sie erleben. Deshalb starten wir ab sofort mit der Reihe „Transformation der Arbeitswelt: Ändert sich jetzt alles!?“ Dazu werden wir in regelmäßigen Abständen Interviews mit Kolleginnen und Kollegen posten. Sie kommen aus unterschiedlichen Branchen und machen unterschiedliche Erfahrungen. Sie machen deutlich, dass Transformation kein rein technologischer Prozess ist, sondern eine umfassende gesellschaftliche Umstrukturierung mit gravierenden Auswirkungen auf die Arbeitsbeziehungen. Diese vollzieht sich nicht klassenneutral, sondern als Verteilungsauseinandersetzung. Unsere Reihe soll dazu beitragen, dass DIE LINKE ihren Platz in diesen Entwicklungen findet.

Ulrike Eifler ist Bundessprecherin der AG Betrieb & Gewerkschaft