Schließung bei Ford: Der Markt geht zu Lasten der Beschäftigten

Schließung bei Ford: Der Markt geht zu Lasten der Beschäftigten

In Saarlouis sind mehr als 6.000 Menschen von der Schließung des Ford-Werks betroffen. Das Beispiel zeigt: Wenn der Industrieumbau nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen soll, darf er nicht dem Markt überlassen werden, sondern braucht eine umfassende industriepolitische Einbettung, sagt der Präsident der Europäischen Linken, Heinz Bierbaum, im Gespräch mit Betrieb & Gewerkschaft.

BAG Betrieb & Gewerkschaft: Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Ford seinen Standort in Saarlouis schließt. Um wieviele Arbeitsplätze geht es und was steckt dahinter?

Heinz Bierbaum: Von der beabsichtigten Schließung des Werkes sind über 6.000 Arbeitsplätze betroffen, 4.600 im Werk selbst und 1.500 bei den dort ansässigen Zulieferern. Diesem Beschluss des Ford-Managements ging eine lange Auseinandersetzung voraus, wo das neue Elektroauto gebaut werden soll – In Saarlouis oder in Valencia. Die Belegschaften sowohl in Saarlouis als auch in Valencia wurden in einen Wettbewerb um die günstigsten Bedingungen gezwungen, in den auch die jeweiligen Regionen einbezogen wurden. Es wurde ein ungeheurer Druck ausgeübt, um die Kosten zu senken. Beide Standorte wurden permanent gegeneinander ausgespielt.

Hätte die saarländische Landesregierung Möglichkeiten gehabt, die Entscheidung des Ford-Managements zu beeinflussen?

Die saarländische Landesregierung bemühte sich sehr stark, das Werk in Saarlouis zu erhalten. Erhebliche Subventionen wurden angeboten. Die Rede war von 500 Millionen Euro. Zusammen mit anderen Vergünstigungen belief sich die angebotene Unterstützung fast auf eine Milliarde. Ministerpräsidentin Rehlinger und Wirtschaftsminister Barke flogen sogar nach Detroit, um mit der Konzernleitung zu sprechen. Doch vergeblich. Man sieht sehr deutlich, dass die Möglichkeiten der Politik, Konzernentscheidungen zu beeinflussen, sehr begrenzt sind.

Welche Auswirkungen wird die Schließung des Werks auf die Situation im Saarland haben?

Die Schließung von Ford in Saarlouis hat für das Saarland verheerende Auswirkungen, die auch das benachbarte Lothingen betreffen, da in dem Werk auch viele Lothringer beschäftigt sind. Betroffen sich nicht nur die mehr als 6.000 Beschäftigten mit ihren Familien, sondern eben auch die lokale und regionale Wirtschaft von Einzelhandel, Handwerk und Dienstleistungen. Die Wirtschafts- und Kaufkraft werden deutlich sinken.

Zeigt sich an dieser Entscheidung, dass der Industrieumbau im Gange ist und sich auf Kosten der Beschäftigten vollzieht?

Das Vorgehen von Ford ist ein typisches Beispiel, wie der in der Autoindustrie sich gegenwärtig vollziehende Transformationsprozess zu Lasten der Beschäftigten geht. Es ist das Gegenteil von „Just Transition“, also einem gerechten Übergang, wie ihn die Gewerkschaften fordern. Die Unternehmen stellen sich durchaus neuen ökologischen Herausforderungen, auch wenn das Elektroauto nicht wirklich eine Lösung ist. Aber sie handeln in erster Linie in ihrem vom Profit bestimmten Interesse. Dies bedeutet, dass man den notwendigen Transformationsprozess nicht den Unternehmen und dem Markt überlassen darf. Es ist eine völlig andere politische Konzeption notwendig, bei der unumgängliche betriebliche Umstrukturierungen in ein industriepolitisches Konzept eingebettet werden, das einen gerechten Übergang ermöglicht, also Arbeitsplätze erhält und neue schafft. Wir brauchen eine wirtschaftliche Mitbestimmung, so dass die Beschäftigten auf unternehmerische Entscheidungen einwirken können.

Was können die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften tun, um nicht gegeneinander ausgespielt zu werden?

Die Schließung des Werkes von. Ford in Saarlouis zeigt eben auch, dass es notwendig ist, die europäische und internationale Zusammenarbeit unter den Gewerkschaften und den Belegschaften zu stärken. Dabei könnte ein Europäischer Betriebsrat, der seine Aufgaben trotz seiner auf Information und Konsultation begrenzten Rechte wahrnimmt, hilfreich sein. Auch bei Ford verhandelt der Europäische Betriebsrat mit der Konzernleitung mit der Zielsetzung der Erhaltung der Werke. Erforderlich wären freilich gemeinsame Aktionen auf europäischer Ebene.

Lieber Heinz, vielen Dank für das Gespräch.

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Die Strategiedebatte in der LINKEN geht weiter. Mit Ulrike Eifler und Heinz Bierbaum melden sich nun zwei Mitglieder unseres Zusammenschlusses zu Wort. Sie sagen, dass an die engagierte Diskussion auf der Strategiekonferenz 2020 angeknüpft werden müsse und fordern, die Debatte um die strategische Neuausrichtung und die Suche nach einer die Partei einigenden Strategie zu intensivieren. Wenn die Strategiediskussion mehr sein soll als ein Bekenntnis in der Öffentlichkeit, dann gehört sie in die Parteigremien und nicht in die Medien: Zu Lage und Strategie unserer Partei

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