Aufrüstung ist keine nachhaltige Industriepolitik
Umfang und Tempo des Hochfahrens von Rüstungskapazitäten haben den Charakter konkreter Kriegsvorbereitungen. Nicht nur die klassischen friedenspolitischen Positionen der Gewerkschaften, auch alle Anstrengungen für eine sozial-ökologische Transformation drohen dabei unter die Räder zu geraten.

Industriepolitik in der "Zeitenwende" setzt auf die Expansion der Rüstungsindustrie. Mit der Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie hatte die Scholz-Regierung bereits einer staatlichen Rüstungs-Planwirtschaft den Weg geebnet, um die deutschen Rüstungskonzerne bei der Umstellung auf Kriegsproduktion zu unterstützen. Dazu sollen die erforderlichen politischen, wirtschaftlichen, regulatorischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Rüstungsindustrie ist begeistert. Schon seit längerem trommelt nicht nur Rheinmetall-Chef Armin Pappberger dafür, 250 bis 300 Milliarden Euro auf den Weg zu bringen, damit die Rüstungsbranche ausreichend Planungssicherheit hat.
Problematisch ist eine solche industriepolitische Ausrichtung, weil sie eine Unterordnung aller anderen Bereiche unter das Primat der Rüstungsproduktion einleitet. Angestrebt wird, zivile Produktion auf militärische Produktion umzustellen. Diese Politik ebnet jedoch den Weg in eine industrielle Monostruktur. Die Abhängigkeit von realem Kriegsgeschehen steigt, denn Profite lassen sich nur generieren, wenn Handgranaten und Kampfpanzer nicht ungenutzt in Depots lagern, sondern im Krieg eingesetzt werden und für kontinuierliche Nachfrage sorgen. Dies gilt um so mehr, da bei der Förderung der Rüstungsindustrie noch nicht einmal zwischen Angriffswaffen (wie Panzern) und Verteidigungswaffen (wie Panzerabwehrsystemen) unterschieden wird. Stattdessen gilt: Produziert wird, was Profite verspricht.

Umfang und Tempo des Hochfahrens von Rüstungskapazitäten ebenso wie eine auf zehn Jahre und länger angelegte Beschaffungspolitik haben den Charakter konkreter Kriegsvorbereitungen. Manufakturbetriebe wandeln sich zu Großserienherstellern. Allein Rheinmetall hat seine Granatenkapazität seit Beginn des Ukraine-Krieges verzehnfacht. Nicht nur die klassischen friedenspolitischen Positionen der Gewerkschaften, auch alle Anstrengungen für eine sozial-ökologische Transformation drohen dabei unter die Räder zu geraten. Für den Erhalt des Planeten aber ist es nicht egal, ob grüner Stahl im Interesse einer Verkehrswende in Bussen, Bahnen und Schienen verbaut wird oder in Kampfpanzern. Die notwendige Debatte über den ökologischen Industrieumbau darf daher die Frage, was produziert wird, nicht von der nach dem gesellschaftlichen Nutzen trennen. Dabei muss klar sein: Rekonversion ist das Gegenteil von nachhaltiger Industriepolitik.
Der Beitrag stammt aus der Mai-Ausgabe unserer Zeitung WELT DER ARBEIT

Artikel wurde am 28. Mai 2025 gedruckt. Die aktuelle Version gibt es unter https://betriebundgewerkschaft.de/blog/2025/05/aufrustung-ist-keine-nachhaltige-industriepolitik/.