Aufrüstung ist keine nachhaltige Industriepolitik

Umfang und Tempo des Hochfahrens von Rüstungskapazitäten haben den Charakter konkreter Kriegsvorbereitungen. Nicht nur die klassischen friedenspolitischen Positionen der Gewerkschaften, auch alle Anstrengungen für eine sozial-ökologische Transformation drohen dabei unter die Räder zu geraten.

Aufrüstung ist keine nachhaltige Industriepolitik
Foto: Ulrike Eifler

Industriepolitik in der "Zeitenwende" setzt auf die Expansion der Rüstungsindustrie. Mit der Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie hatte die Scholz-Regierung bereits einer staatlichen Rüstungs-Planwirtschaft den Weg geebnet, um die deutschen Rüstungskonzerne bei der Umstellung auf Kriegsproduktion zu unterstützen. Dazu sollen die erforderlichen politischen, wirtschaftlichen, regulatorischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Rüstungsindustrie ist begeistert. Schon seit längerem trommelt nicht nur Rheinmetall-Chef Armin Pappberger dafür, 250 bis 300 Milliarden Euro auf den Weg zu bringen, damit die Rüstungsbranche ausreichend Planungssicherheit hat.

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Ulrike Eifler arbeitet für die IG Metall und ist Bundessprecherin der BAG Betrieb & Gewerkschaft.

Problematisch ist eine solche industriepolitische Ausrichtung, weil sie eine Unterordnung aller anderen Bereiche unter das Primat der Rüstungsproduktion einleitet. Angestrebt wird, zivile Produktion auf militärische Produktion umzustellen. Diese Politik ebnet jedoch den Weg in eine industrielle Monostruktur. Die Abhängigkeit von realem Kriegsgeschehen steigt, denn Profite lassen sich nur generieren, wenn Handgranaten und Kampfpanzer nicht ungenutzt in Depots lagern, sondern im Krieg eingesetzt werden und für kontinuierliche Nachfrage sorgen. Dies gilt um so mehr, da bei der Förderung der Rüstungsindustrie noch nicht einmal zwischen Angriffswaffen (wie Panzern) und Verteidigungswaffen (wie Panzerabwehrsystemen) unterschieden wird. Stattdessen gilt: Produziert wird, was Profite verspricht.

Aktionstag der IG Metall für eine bessere Industriepolitik am 15. März in Frankfurt am Main, Foto: Ulrike Eifler

Umfang und Tempo des Hochfahrens von Rüstungskapazitäten ebenso wie eine auf zehn Jahre und länger angelegte Beschaffungspolitik haben den Charakter konkreter Kriegsvorbereitungen. Manufakturbetriebe wandeln sich zu Großserienherstellern. Allein Rheinmetall hat seine Granatenkapazität seit Beginn des Ukraine-Krieges verzehnfacht. Nicht nur die klassischen friedenspolitischen Positionen der Gewerkschaften, auch alle Anstrengungen für eine sozial-ökologische Transformation drohen dabei unter die Räder zu geraten. Für den Erhalt des Planeten aber ist es nicht egal, ob grüner Stahl im Interesse einer Verkehrswende in Bussen, Bahnen und Schienen verbaut wird oder in Kampfpanzern. Die notwendige Debatte über den ökologischen Industrieumbau darf daher die Frage, was produziert wird, nicht von der nach dem gesellschaftlichen Nutzen trennen. Dabei muss klar sein: Rekonversion ist das Gegenteil von nachhaltiger Industriepolitik.

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Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie: Im Dezember 2024 beschlossen SPD und Grüne die "Nationale Sicherheits- und Verteidigungs-Industriestrategie der Bundesregierung". Diese enthält industriepolitische Schritte zur Expansion der heimischen Rüstungsindustrie. Dazu gehören staatliche Zusagen an die Rüstungsindustrie für unternehmerische Planbarkeit und eine garantierte Abnahmesicherheit; finanzielle Förderung für Unternehmen der Rüstungsindustrie; verbesserter Zugang zu Krediten und kapitalmarktbasierten Finanzierungen für die Rüstungsindustrie; ein bevorzugter Zugang zu gut ausgebildeten Fachkräften; ein verlässlicher Zugriff auf Rohstoffe und Vorprodukte; eine engere Verzahnung von ziviler und "sicherheits- und verteidigungsbezogener Forschung" sowie deren Vorrang im Vergabeverfahren; die Beschleunigung von Planungs-, Haushalts- und Beschaffungsprozessen - mit Blick auf die Rüstungsindustrie sowie die Lockerung von Exportbeschränkungen für Rüstungsgüter. Die Priorisierung der Rüstungsindustrie schafft eine gefährliche industrielle Monostruktur und kann als Einstieg in die Kriegswirtschaft bezeichnet werden.

Der Beitrag stammt aus der Mai-Ausgabe unserer Zeitung WELT DER ARBEIT

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