Befristungen den Kampf ansagen

23. April 2017  BLOG

Von Manuela Wischmann

Die Hartz-Gesetze und die Agenda 2010 waren ein Geschenk an die Arbeitgeber. Mit dem Ziel, die Löhne zu senken, wurde die soziale Sicherung von Erwerbslosen verschlechtert, Arbeitnehmerrechte runtergefahren und Niedriglöhne vorangetrieben. Das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit wurde zugunsten der Kapitalseite verschoben. Die Zahl der Menschen, die sich ohne Perspektive mit Leiharbeit, befristeten Arbeitsverträgen oder Minijobs begnügen müssen, ist deutlich angestiegen.

Es sind zahlreiche Maßnahmen notwendig, um eine Umkehr dieser Politik einzuleiten. Ein wichtiger erster Schritt ist die Eindämmung von befristeten Arbeitsverträgen. Fast jede zweite Neueinstellung erfolgt zeitlich befristet. Insgesamt hat sich die Zahl der befristet Beschäftigten in den letzten 20 Jahren auf 2,78 Millionen verdreifacht.

Gute Arbeit ist sicher, tariflich bezahlt und mitbestimmt!

Wenn wir die Arbeitsbedingungen verbessern wollen, müssen wir Befristungen den Kampf ansagen. Wer befristet beschäftigt ist, hat Angst vor dem Verlust seiner Arbeit und hält deswegen lieber die Klappe, schleppt sich krank zur Arbeit und wehrt sich nicht gegen Ungerechtigkeiten. Man meldet sich nur selten kritisch zu Wort und unterstützt den Betriebsrat oder die Gewerkschaft höchstens verdeckt. Der Kündigungsschutz läuft ins Leere, wenn befristete Arbeitsverträge einfach auslaufen ohne dass es einer Sozialauswahl bedarf. Die Folge: Das Arbeitsrecht wird geschliffen und die Arbeit von Betriebsräten erschwert.

Belegschaften werden gespalten und diszipliniert. Befristungen führen den Beschäftigten beständig vor Augen, dass ihre Arbeit nur vorrübergehenden Charakter hat, sie jederzeit austauschbar sind und sie bloß nicht zu viel fordern sollen. Arbeitsverträge mit Verfallsdatum sind ein Disziplinierungsinstrument, mit dem die Unternehmen ihre Machtposition sichern.

Klare Kante von links gegen Befristungen

Es verstößt gegen jedes Verständnis von guter Arbeit, wenn Arbeitsverträge ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet werden. In der betrieblichen Praxis gibt es für die Hälfte der befristeten Arbeitsverträge keinen Grund. Das muss aber eine Minimalvoraussetzung sein. Die Möglichkeit, einen Arbeitsvertrag sachgrundlos zu befristen, ist ersatzlos aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu streichen.

Aber auch die Sachgründe im Teilzeit- und Befristungsgesetz müssen beschränkt werden. Natürlich gibt es berechtigte Gründe für einen befristeten Vertrag: Bei Krankheit, Mutterschutz, Elternzeit oder vorübergehendem Ausfall eines Beschäftigten muss die Personallücke überbrückt werden. Dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz allerdings eine Befristung „zur Erprobung“ erlaubt, schießt über das Ziel hinaus. Es gibt schließlich die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis mit einer Probezeit zu beginnen. Der Sachgrund „Befristung zur Erprobung“ ist genauso zu streichen, wie die „Befristungen aufgrund von Haushaltsmitteln“ bei öffentlicher Finanzierung.

Und wir müssen für eine strenge Regulierung von Kettenbefristungen kämpfen. DIE LINKE fordert zu Recht, dass jeder dritte Vertrag beim gleichen Arbeitgeber ein fester Vertrag sein muss. Wenn Beschäftigte mehr als zweimal einen Vertrag erhalten, kann ihr Einsatz als regelmäßig und dauerhaft angesehen werden. Die Deutsche Post AG hat dem Befristungswahn die Krone aufgesetzt: Über den DGB wurde unlängst bekannt, dass dort mit einer Kollegin allein im Jahr 2014 ca. 200 einzelne Arbeitsverträge abgeschlossen wurden. Das spottet jedem Anspruch auf gute Arbeit.

20 Jahre neoliberale Politik haben einen enthemmten Kapitalismus hervorgebracht. Es ist dringend notwendig, den Menschen wieder in den Mittelpunkt politischer Entscheidungen zu stellen und nicht die Profitinteressen. Ein Baustein: Dem Wunsch der Kapitalseite nach unbegrenzter Flexibilität ist ein Riegel vorzuschieben. Er ist mit dem Schutzbedürfnis Millionen Beschäftigter nicht vereinbar. Deshalb muss Schluss damit sein, ohne guten Grund Arbeitsverträge zu befristen.

Manuela Wischmann ist Referentin für Arbeit und Mitbestimmung der Fraktion DIE LINKE im Bundestag