Turnusmäßig alle vier Jahre finden in Deutschland die wichtigsten Wahlen der Arbeitswelt statt: Betriebsratswahlen. 2018 war es wieder soweit. Wie die Beteiligung in den Betrieben ausfiel, was wir über die Ergebnisse wissen und welchen Einfluss „rechte Listen“ hatten, berichtet Andreas Nolte.
Ergebnisse und Einschätzungen zu den Betriebsratswahlen 2018
Die gemäß Betriebsverfassungsgesetz alle vier Jahre stattfindenden Betriebsratswahlen wurden bundesweit im Wesentlichen zwischen vom 1. März bis 31. Mai durchgeführt. Daten für die Gesamtwirtschaft liegen uns noch nicht vor. Laut DGB gibt es in über 28.000 Betrieben über 180.000 Betriebsratsmitglieder. Für den Organisationsbereich der IG Metall ergibt eine Auswertung folgendes: Über 3,447 Millionen Beschäftigte wurden durch die Rückmeldungen erfasst; ihre Teilnahme an den BR-Wahlen war möglich. Das sind im Vergleich zu 2014 rund 140.000 Beschäftigte mehr. Für 15.685 Betriebe konnte eine Auswertung durchgeführt werden, was 1.151 Betriebe mehr sind als 2014. Insgesamt gibt es nun über 73.300 Betriebsratsmitglieder, die zu 72 Prozent in der IG Metall organisiert sind. In 743 Betrieben hat keine Wahl mehr stattgefunden. Ursache dafür können Insolvenzen, Stilllegungen oder Fusionen von Betrieben und Unternehmen sein. Die erstmalige Wahl allerdings hat in 1.025 Betrieben stattgefunden. Der Anteil von Frauen in den Gremien beträgt rund 26,5 Prozent (2014: 23 %), was höher ist als ihr Anteil an den Beschäftigten (20 %). Andere Nationalitäten sind zu rund 5 Prozent vertreten. Auch interessant: Knapp 29.500 Kolleginnen und Kollegen wurden das erste Mal gewählt, das sind 40 Prozent aller BR-Mitglieder. Der Anteil der Betriebsratsmitglieder bis 35 Lebensjahre beträgt 17 Prozent (2014: 15 %). Gewachsen ist auch der Anteil der Angestellten und Ingenieure in den Gremien auf 38 Prozent (2014: 35 %). Die durchschnittliche Wahlbeteiligung lag bei 66,3 Prozent.
Insgesamt ergibt sich aus der Analyse: Je kleiner die Betriebe, desto größer die Wahlbeteiligung (bis zu 86 %). Die Analyse nach Betriebsgrößen ergibt: In Betrieben mit 5 bis 199 Beschäftigten wurden über 6.216 Gremien gewählt. Damit gibt es in der Mehrheit der Betriebe keine gesetzlich geregelte Freistellung von mindestens einem Mandat. In Betrieben mit 200 bis 499 Beschäftigten wurden über 2.270 Gremien gewählt, was eine Freistellung pro Gremium bedeutet. Und in Betrieben mit 500 Beschäftigten und mehr wurden rund 1.360 Gremien gewählt. Listenwahlen gab es in 919 Betrieben. Rechte in BR-Gremien: Laut IG Metall wurden Rechtspopulisten in „nur“ 19 Betrieben bundesweit gewählt, wohl aufgrund von Listenwahlen. In den Großbetrieben der Automobilindustrie hat die rechte Gruppierung „Zentrum Automobil“ in acht Betrieben insgesamt 20 Mandate erreicht.
Die Mobilisierung rechter Gruppen hat bei den Betriebsratswahlen wohl nicht den von ihnen gewünschten Erfolg gebracht. Hinzugerechnet werden müssen auch rechte BR-Mitglieder, die nicht organisiert zur Wahl angetreten sind. Auch wenn ihre Zahl heute sehr gering ist: Rechte in BR-Gremien bleiben betriebspolitisch aktiv wie andere auch, was von Linken und Gewerkschafter*innen nicht unterschätzt werden darf; insbesondere bezogen auf den Einzelbetrieb.
Welche Rechtsentwicklung es in den Betrieben dadurch gibt, muss unter Gewerkschaftern*innen weiter thematisiert werden. Hierin liegt auch eine der Herausforderungen für die IG Metall sowie für alle DGB-Gewerkschaften, auch ohne schon vorliegende BR-Wahlergebnisse. Eine weitere ergibt sich aus der hohen Zahl der erstmals gewählten Betriebsratsmitglieder für eine intensivere politische Bildungsarbeit der Gewerkschaften. Dies gilt auch angesichts der deutlich erkennbaren strukturellen Veränderungen in der Zusammensetzung der Beschäftigten und der Betriebsratsgremien.
Andreas Nolte ist Gewerkschaftssekretär der IG Metall und war bis Januar 2019 Bundessprecher der AG Betrieb & Gewerkschaft