von Ulrike Eifler
Seit Oktober ist die AfD nicht nur im Bundestag sondern nun auch in allen Landtagen vertreten. Trotz beeindruckender Gegenproteste in Bayern und Hessen zog die Partei deutlich zweistellig in die Landesparlamente ein. Damit stellen sich alte strategische Fragen in neuer Weise, denn ihre Wählerbasis scheint sich zu verfestigen und überdurchschnittlich viele Gewerkschaftsmitglieder gaben der Partei ihre Stimme.
Obwohl keine Veranstaltung der AfD ohne Gegenprotest blieb, zeigen die Wahlergebnisse: Die alten Rezepte wirken nicht mehr! Mit antirassistischen Demonstrationen gelang es, NPD, DVU und Republikaner zu stoppen. Sie stellten die Nähe der Parteien zum Faschismus heraus und zogen die Kräfteverhältnisse klar. Anders bei der AfD: Weder die Gegenproteste noch der gemeinsame Marsch mit Neonazis durch Chemnitz schadeten der Partei. Die alte Enttarnungsstrategie wirkt nicht mehr. Zu sehr ist die Gesellschaft im Umbruch, zu sehr das Parteiensystem in der Krise. Die meisten Menschen erleben eine hochdynamische Gesellschaft. Der soziale Aufstieg ist blockiert, der Abstieg droht jedoch jederzeit. Gleichzeitig werden Themen wie Digitalisierung oder Zuwanderung im politischen Diskurs zu folgenschweren Bedrohungen inszeniert. Antirassistische Gegenproteste bleiben auch weiterhin wichtig, aber allein sind sie zu wenig, um die politische Orientierungslosigkeit aufzulösen.
Gleichzeitig zeigen rechte Betriebsratslisten und Angriffe auf Gewerkschaftsmitglieder: Die AfD legt es auf eine Konfrontation mit der organisierten Arbeiterbewegung an. Bislang wird die Partei – auch von abhängig Beschäftigten – trotz eines Programms gewählt, das mit Forderungen wie der Zerschlagung sozialer Sicherungssysteme eher als Zuspitzung neoliberaler Politik denn als Alternative verstanden werden muss. Doch innerparteilich sind die Positionen umkämpft. Rechte Vordenker wie Götz Kubitschek bezeichnen die soziale Frage als „Kronjuwel der Linken“ und rufen dazu auf, es ihnen abzujagen. Schon jetzt gelingt es der AfD, sich mit steigenden Wähleranteilen im Arbeiterbereich zu profilieren. Im Vergleich zu allen anderen Parteien weist sie sowohl bei Arbeitern als auch bei abhängig Beschäftigten mit einfachen Tätigkeiten die höchsten Anteile auf. Es scheint, dass die AfD bis in die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft hinein stabile Bindungen aufbauen konnte.
Der Kampf gegen rechts muss ein Kampf gegen Entwurzelung und Ohnmacht sein. Der Diskurs der Ausgrenzung hat sich in den Köpfen derart verfestigt, dass er nicht allein wegen eines besseren Argumentes über Bord geworfen wird. Vielmehr muss die Erkenntnis, dass die Grenze nicht zwischen drinnen und draußen, sondern zwischen oben und unten verläuft, aus einer realen Erfahrung in sozialen Kämpfen hervorgehen. Aus diesem Grund spielen die Gewerkschaften eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die AfD. Sie dürfen nicht darauf warten, dass die AfD von allein verschwindet, sondern müssen zum Organisator realer Kämpfe werden – durch eine offensive Gewerkschaftspolitik ebenso wie als Teil antirassistischer Gegenproteste. Die AfD sagt den Gewerkschaften als Klassenorganisationen den Kampf an. DIE LINKE muss ihren Platz deshalb an der Seite der Gewerkschaften haben, mit klassenspezifischen Forderungen und realer Klassenverankerung. Jenseits des Kümmereranspruchs muss es darum gehen, die Klasse zu organisieren, statt sie nur vertreten zu wollen.
Ulrike Eifler ist Geschäftsführerin der DGB-Region Südosthessen und Bundessprecherin der BAG Betrieb & Gewerkschaft.
Positionspapier: 10 Thesen für einen klaren Anti-AfD-Kurs der Gewerkschaften