Von Ulrike Eifler
4,5 Prozent plus 45 Euro monatlich und ein Mindestentgelt von 12,50 Euro pro Stunde – mit dieser Forderung ziehen die Beschäftigten im Einzelhandel in die diesjährige Tarifauseinandersetzung. Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft ver.di vom Arbeitgeberverband die gemeinsame Beantragung der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge (AVE). Hinsichtlich der Laufzeit der Tarifverträge werden zwölf Monate angestrebt.
Diese Forderungen sind angesichts der Leistung der Beschäftigten im vergangenen Jahr absolut angemessen. Schließlich haben sie während der Pandemie teils unter hohem Infektionsrisiko dafür gesorgt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher weiter mit allem Lebensnotwendigen versorgt werden. Politik und Arbeitgeberverband hatten sich Frühjahr 2020 mit Lob für die Beschäftigten im Einzelhandel fast überschlagen. Doch auch für die Beschäftigten im Einzelhandel gilt: Applaus und warme Worte sind zu wenig.
Hinzu kommt: Dem Einzelhandel geht es nicht schlecht. So hat der Onlinehandel in der Pandemie 20,8 Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet. Gemessen am Gesamtumsatz des Einzelhandels hat der Internethandel einen Anteil von 11,5 Prozent. Das Statistische Bundesamt hat für das Jahr 2020 ein reales Umsatzplus von 4,0 Prozent für den Einzelhandel gemeldet. Auch der stationäre Einzelhandel hat im vergangenen Jahr preisbereinigt ein Umsatzplus verzeichnet. Damit ist der Umsatz in der Branche jetzt das elfte Jahr in Folge gestiegen. Eine solche Entwicklung muss sich auch in spürbaren Entgeltsteigerungen auswirken – schließlich waren es die Beschäftigten, die diesen Umsatz erwirtschaftet haben.
Doch während der Handel Jahr für Jahr kräftige Gewinne einfährt, droht den Beschäftigten auch weiterhin Altersarmut. Wer nach 45 Jahren Arbeit eine Rente über dem Grundsicherungsniveau erhalten will, muss mindestens ein monatliches Entgelt von 2.105 Euro erhalten. Deshalb hat sich ver.di auf die Forderung nach einem rentenfesten Mindeststundenentgelt in Höhe von 12,50 Euro verständigt. Eine Forderung, die deshalb wichtig ist, weil die Arbeitgeber seit Jahren versuchen, die Personalkosten durch Tarifflucht zu drücken. Diesem Verdrängungswettbewerb auf Kosten der Beschäftigten muss mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifverträge (AVE) endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Mit der AVE würden alle Beschäftigte der Branche tarifliche Leistungen bekommen, unabhängig davon, ob ihr Arbeitgeber tarifgebunden ist oder nicht.
Dass diese Tarifrunde unter den gegebenen Umständen nicht einfach wird, ist offensichtlich. Doch ver.di hat sich auf den Weg gemacht, trotz Corona gemeinsam für höhere Löhne und Gehälter zu kämpfen und sie auch durchzusetzen. Die BAG Betrieb & Gewerkschaft ruft zu Solidaritätsaktionen auf und wünscht allen Beschäftigten viel Erfolg und einen langen Atem.
Ulrike Eifler ist Bundessprecherin der BAG Betrieb & Gewerkschaft