Am 1. Juli startet die diesjährige Tour de Pflege an der Uniklinik Mainz, organisiert vom Bündnis „Pflege.Auf.Stand Rheinland-Pfalz“. Dieses vernetzt professionell Pflegende sowie andere Berufs- und Interessensgruppen zu gemeinsamen Protest-Aktionen. Unsere Bundessprecherin Julia-C. Stange begleitet die Radler entlang der Tour und ist maßgeblich an der Organisation beteiligt. Sie erzählt uns, worauf die Radtour aufmerksam machen will, wie man den Protest unterstützen kann aber auch, was es mit dem Bündnis auf sich hat, an dessen Gründung sie nicht unbeteiligt war. Das Gespräch führte Jan Richter.
BAG Betrieb & Gewerkschaft: Du engagierst dich im Bündnis „Pflege.Auf.Stand Rheinland-Pfalz“ und warst auch an dessen Gründung sowie dem Aufbau beteiligt. Warum habt ihr das Bündnis gegründet?
Julia-C. Stange: Das Bündnis entstand damals in Mainz und gibt es nun schon im fünften Jahr. Pflegefachpersonen aus 22 Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wollten sich nicht länger mit dem Pflegenotstand abfinden. Wir sind ein Mitmach-Bündnis; von der Basis für die Basis. Die Gründung wurde von insgesamt 58 Personen vorgenommen. Das Bündnis wird von der Gewerkschaft ver.di unterstützt. Neben beruflichen Pflegekräften aus der Kranken- und Altenpflege beteiligten sich auch pflegende Angehörige. Daher ist der Begriff „Pflege“ auch so deutlich im Namen des Bündnisses verankert.
Wir gewannen innerhalb kurzer Zeit weitere Bündnispartner in über 50 Einrichtungen und Häusern dazu aus der Fläche von RLP. Der Landeshebammenverband von Rheinland-Pfalz ist ebenfalls seit Beginn aktiv mit dabei. Kolleginnen und Kollegen der Mitarbeitervertretungen aus den kirchlichen Bereichen sowie ein Teil der Jugend- und Auszubildenden Vertretung aus Mainz gestalten das Bündnis mit. Unser Ziel ist daher ganz einfach formuliert: wir wollen ALLE professionell Pflegende sowie andere Berufs- und Interessensgruppen zusammenbringen, vernetzen und mit gemeinsamen Protest-Aktionen auf die Straße gehen.
Was wollt ihr mit dem „Pflege.Auf.Stand“ erreichen?
Nichts ist stärker, intelligenter und kreativer als Menschen, die gemeinsam ein Ziel verfolgen. Besonders wichtig ist uns, dass die vielfältigen Berufe des Gesundheitswesens sichtbar werden, denn gute Gesundheitsversorgung ist Teamarbeit und funktioniert nur, wenn alle Professionen des Gesundheitswesens Hand in Hand arbeiten können. Wir setzen uns für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen und die Förderung des Gemeinwohls ein. Durch Aktionen, Aufklärung und Vernetzung streben wir eine grundlegende Reform des Gesundheitssystems an, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Was fordert euer Bündnis konkret?
Wir fordern mehr Personal und verbindliche Personalvorgaben für alle Bereiche der professionellen Pflege. Wir verlangen, dass keine Pflegefachperson mehr alleine im Dienst ist! Wir erwarten eine tarifliche Bezahlung für alle und deutlich mehr Gehalt. Wir benötigen eine bedarfsgerechte Finanzierung. Das DRG-System für die Krankenhäuser ist abzuschaffen. Für die Altenpflege wollen wir eine solidarische Pflegegarantie. Wir sind im regelmäßigen Austausch innerhalb einer „Fachgesprächsreihe“ mit dem Landesministerium in RLP und konnten bewirken, dass wir zusammen mit dem Arbeits- sowie Gesundheitsministerium an einem Tisch sitzen in einem konstruktiven Miteinander.
Vom 1. bis 5. Juli findet die „Tour de Pflege“ statt. Was ist die Idee dahinter?
Diese organsiert das Bündnis jetzt zum dritten Mal, um auf die Missstände in der professionellen Pflege und im Gesundheitswesen im Allgemeinen aufmerksam zu machen. Besonders wichtig ist uns, dass die vielfältigen Berufe des Gesundheitswesens sichtbar werden. Unter dem Motto „Weg von der Ökonomisierung, Kommerzialisierung und Privatisierung des Gesundheitswesens – hin zu einer verantwortungsvollen Daseinsvorsorge“, in der das Gemeinwohl, das Wohl der Patientinnen und Patienten sowie gesunde Arbeitsbedingungen der Beschäftigten als Grundsatz gelten, treten die Radler ab dem 1. Juli für fünf Tage kräftig in die Pedale. In den Aktionen vor Ort geben wir den Kolleginnen und Kollegen das Wort und laden öffentlichkeitwirksam dazu ein zuzuhören und miteinander in den Dialog zu kommen – auch jeweils mit den kommunalen demokratischen politischen Parteien. Es sind Strukturen, die reformiert werden müssen. Und dafür braucht es uns, dafür braucht es ein Zusammenstehen der Basis mit unseren Gewerkschaften und dafür braucht es Investitionen von Land- und Bundesebene.
Was zeichnet die einzelnen Etappen auf der Tour aus?
Die Tour umfasst in diesem Jahr elf Aktionspunkte und fährt zum ersten Mal raus aus Rheinland-Pfalz durch vier Bundesländern an verschiedenen Kliniken entlang der Tourstrecke. Bei jedem Etappenstopp geht es um aktuelle Themen des Gesundheitswesens. Themen sind unter anderem faire Bezahlung von Servicekräften per Tarifvertrag, die Situation der Hebammen, Pflege ohne Rassismus, die Überlastungssituation der Gesundheitsprofessionen in den Kliniken sowie die Unterstützung gewerkschaftlicher Bewegungen innerhalb des TVöD, also dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst.
Wie kann man euch auf der Tour oder auch in eurem Bündnis unterstützen?
Wir möchten alle Menschen, die interessiert sind oder sich solidarisch mit den Beschäftigten des Gesundheitswesens zeigen möchten, herzlich einladen, eine oder mehrere Etappen mitzufahren oder auch einfach zu den Aktionen an den verschiedenen Kliniken zu kommen. Besonders hervorzuheben ist die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen, die aktiv an der Tour teilnehmen und mitradeln.
In welchen Orten macht die Tour de Pflege Station?
Der Startschuss fällt am Montag, den 1. Juli, um 7:30 Uhr vor dem Haupteingang der Uniklinik Mainz. Von dort aus geht es zum Klinikum Worms und dann weiter zum Klinikum Ludwigshafen. Am zweiten Tag geht es dann zum Diakonissenkrankenhaus nach Speyer und zum Uniklinikum in Heidelberg. Am dritten Tag werden die Radler am Uniklinikum in Mannheim und später im Klinikum Darmstadt empfangen. Der vorletzte Tag führt die Radler erst zum Klinikum Aschaffenburg und dann vor das Klinikum Hanau. Am Freitag fährt die Truppe dann in ihrer letzten Etappe über das Uniklinikum Frankfurt zurück zur Helios geführten Dr. Horst-Schmidt-Klinik in Wiesbaden, wo die Abschlussveranstaltung stattfindet.
Was wünscht du dir für das Bündnis?
Wir alle brauchen eine ganze Berufsgruppe, die sich jetzt organisiert und für ihre völlig berechtigten Forderungen aktiv wird. Wir bieten die Plattform, sich zu vernetzen und gemeinsame Demos zu erleben. Das aber kann nur funktionieren, wenn jeder mitmacht. Gute Pflege, eine sichere Geburtshilfe und Gesundheitsversorgung für alle – das geht uns alle an. Und was alle angeht, können nur alle lösen!
Vielen Dank für das Gespräch.
Wer mehr über das Bündnis „Pflege.Auf.Stand Rheinland-Pfalz“ erfahren, es unterstützen oder darin mitarbeiten möchte, findet alle Informationen auf dessen Homepage.