Transformation der Arbeitswelt: Mirze Edis aus Duisburg

06. November 2020  TRANSFORMATION ARBEIT

Unter den Mitarbeitern herrscht Angst um die Zukunft des Stahlstandortes, sagt Mirze aus den Hüttenwerken Krupp Mannesmann in Duisburg im Interview mit uns. Seine Kolleginnen und Kollegen spüren die Krise enorm: Alle Stahlunternehmen waren bis zum 30.09.2020 in Kurzarbeit und fast alle Leiharbeiter und Befristete mussten gehen. Die Stahlindustrie in öffentliche Hand zu überführen ist die einzige Lösung, um Werkschließungen zu verhindern. 

BAG Betrieb & Gewerkschaft: Kannst du uns kurz sagen, in welchem Betrieb bzw. in welcher Branche du arbeitest und welche Funktion du hast?

Mirze Edis: Ich arbeite bei den Hüttenwerke Krupp Mannesmann. Bei uns arbeiten etwa 3.200 Beschäftigte. Wir produzieren Stahl als Flachstahl und Rundstahl. Ich bin zweiter Stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrates und Mitglied des Konzernbetriebsrates.

Die Stahlbranche ist bundesweit in der Krise, spürt ihr das in Duisburg auch?

Die Krise spüren wir in Duisburg enorm. Alle Stahlunternehmen waren bis zum 30. September 2020 in Kurzarbeit und fast alle Leiharbeiter und auch die befristet Beschäftigten mussten abgemeldet werden.

Wie ist die Stimmung unter den Kollegen?

Weil auch Betriebsräte und Gewerkschafter mit in den Aufsichtsräten sitzen und dort mitentscheiden, verlieren die Kollegen allmählich ihr Vertrauen in die Betriebsräte und in die Gewerkschaft. Sie sind besorgt über den Stahlstandort und machen sich logischerweise auch Sorgen um ihre Familien. Die Region ist stark abhängig von der Stahlproduktion. Angst um die Zukunft des Unternehmens herrscht unter den Mitarbeitern.

Was sind deiner Meinung die Ursachen für die Krise?

Die Gewinne, die durch Stahl in Deutschland erwirtschaftet wurden, wurden nicht in neue Technologien investiert, sondern für neue Werke im Ausland ausgegeben. In Brasilien und Alabama wurden Milliarden investiert, die letztendlich für wenig Geld veräußert wurden. Trotz schlechter Ergebnisse hat der Vorstand Aktionären Dividenden ausgeschüttet. Das Geld hätte man lieber in die Anlagen investieren können. Vorstände die das Unternehmen immer mehr in den Ruin geführt haben, sind mit dicken Abfindungen noch belohnt worden. Verkehrte Welt sage ich dazu nur.    

Was hältst du von der Idee, die Stahlindustrie in öffentliche Hand zu überführen? Wäre das eine Lösung und wenn ja, warum?

Ja, das ist meiner Meinung nach die einzige Lösung. Wir sehen bei der Salzgitter AG oder auch bei Saarstahl, dass es mit einer Landesbeteiligung oder genossenschaftlichen Beteiligung nicht nur um Profite für die Aktionäre geht. Das Geld bleibt in den meisten Fällen im Unternehmen. Das Eigenkapital erhöht sich von Jahr zu Jahr, wodurch sich das Unternehmen auch in Krisenzeiten längerfristig auf den Beinen halten kann. Die Beteiligung von Land oder Bund verhindern Werkschließungen und die Arbeitslosigkeit ist am Ende teurer, als die Beteiligung an einem Unternehmen.