Rentenreform statt Aktienzockerei

11. Mai 2024  BLOG

Von Matthias W. Birkwald

200 Milliarden Euro will die Bundesregierung auf Pump am Aktienmarkt anlegen, um mit den Gewinnen die Rentenbeiträge zu dämpfen. Matthias W. Birkwald überzeugt das nicht. Die erzielten Einsparungen bleiben bedeutungslos, das Risiko für die Beschäftigten aber ist immens: Wird in illiquide Anlagen und Private-Equity-Unternehmen investiert, werden diese zu Renditeobjekten und nachweislich sinken dort dann Tarifbindung und Gehälter. So wird torpediert, was für eine gute Rente unerlässlich ist: ein sicherer Arbeitsmarkt und gute Löhne.

Das Rentenpaket II markiert einen rentenpolitischen Sinneswandel: Die Rentenhöhe wird endlich nicht mehr dem Dogma stabiler Beitragssätze unterworfen. Stattdessen soll das Rentenniveau bis 2040 bei den aktuellen 48 Prozent bleiben. Ansonsten wäre es unter 45 Prozent abgesunken. Das könnte man fast als „linke Rentenpolitik light“ bezeichnen, wenn SPD und Grüne nicht unter Beifall der FDP das Rentenniveau erst schändlicherweise von 53 auf 48 Prozent abgesenkt hätten. Die Ampel mildert künftig nur ein Problem ab, das sie selbst geschaffen hatte.

Der Preis: auf FDP-Wunsch soll das sogenannte „Generationenkapital“ eingeführt werden. 200 Milliarden Euro werden auf Pump (!) am Aktienmarkt angelegt, um mit den Gewinnen ab Mitte 2036 die Rentenbeiträge zu dämpfen. Gelänge dies, werden die Einsparungen für die Beschäftigten fast bedeutungslos bleiben. Laut Referentenentwurf der Bundesregierung mögen Durchschnittsverdienende dann im Jahr 2040 in aktuellen Werten einen um 5,67 Euro monatlich niedrigeren Rentenbeitrag zahlen. Na, Donnerwetter! Das sind gerade einmal zweieinhalb Kölsch. Lächerlich! Dazu kommen die hohen Risiken des „Generationenkapitals“. Es wird wohl in illiquide Anlagen und Private-Equity-Unternehmen investiert werden. Dadurch werden nicht nur Immobilien und Pflegeheime zu Renditeobjekten; nach Studien der Hans-Böckler-Stiftung sinken in solchen Unternehmen die Tarifbindung und die Löhne. Das sogenannte „Generationenkapital“ wird torpedieren, was für eine gute Rente wichtig ist: einen guten Arbeitsmarkt und gute Löhne. Nein, danke.

Generationengerechtigkeit gibt es nur durch eine Stärkung der gesetzlichen Rente. Deshalb fordern wir Linken die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung, in die auch Selbstständige, Freiberufler, Beamte und zuerst Bundestagsabgeordnete einzahlen müssen. Das Rentenniveau muss wieder rauf auf 53 Prozent. Darum fordere ich, die Renten sofort außerordentlich und zusätzlich um zehn Prozent anzuheben. Zudem sollten die Arbeitgeber überproportional Rentenbeiträge zahlen, so, wie z.B. in Österreich, Frankreich, Spanien und Schweden. Dort klappt es gut.

Matthias W. Birkwald, MdB Die Linke, Sprecher für Alterssicherungs- und Rentenpolitik der linken Gruppe im Bundestag

Der Beitrag stammt aus der diesjährigen Mai-Ausgabe unserer Zeitung, die ihr hier findet: E-Paper: Heraus zum 1. Mai – gegen Krise und Krieg (Mai 2024)


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Der Haushalt für das Jahr 2024 ist ein Haushalt, der Kindern eine anständige Absicherung vorenthält, Bürgergeldempfängern den Bonus streicht und Steuern und Abgaben für alle erhöht. Im Kürzungsvisier der Bundesregierung taucht aber auch die Rente auf. Wir haben mit Matthias W. Birkwald darüber gesprochen. Sein Fazit: Auch wenn es sich hier nicht um einen Totalangriff auf die Rente handelt, sind derartige Kürzungen gefährlich, weil sie den Weg für einen weiteren Abbau des Sozialstaats bereiten. Wer die Rente jetzt schwächt, macht es zukünftigen Regierungen leichter, noch tiefer einschneidende Kürzungen zu rechtfertigen. 


Die Ampel-Regierung ist dabei, ein neues Rentenpaket auf den Weg zu bringen. Die Linke stellt dem ein eigenes Konzept entgegen. Am 5. Mai präsentierten der Parteivorsitzende Martin Schirdewan und der Rentenexperte der Linken im Bundestag, Matthias W. Birkwald, der Hauptstadtpresse das Rentenkonzept. Fast die Hälfe aller Rentnerinnen und Rentner lebt in Deutschland an oder unterhalb der Armutsgrenze. Eine Schande für so ein reiches Land! Wir brauchen Renten, die vor Armut schützen und ein würdevolles Leben im Alter ermöglichen! Die wesentlichen Punkte können hier nachgelesen werden: Sichere und faire Renten in Europa


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